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Aus: Ausgabe vom 03.01.2007, Seite 1 / Inland

»Gesundheitsmurks«: Aufschub oder schleichende Beerdigung?

Abstimmung wird um zwei Wochen auf Anfang Februar verschoben
Noch ist nicht endgültig klar, ob es sich um den Einstieg in den Ausstieg oder nur um einen Aufschub handelt. Jedenfalls ist die für den 19. Januar vorgesehene abschließende Bundestagsabstimmung über ein Gesetzespaket für eine Gesundheitsreform am Dienstag um zwei Wochen verschoben worden. Dies sei notwendig geworden, damit die CDU/CSU-Fraktion »genügend Zeit zur Beratung hat«, erklärte deren Fraktionschef Volker Kauder (CDU) am Dienstag in einem Schreiben an die Unionsabgeordneten. Ein Sprecher von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bestätigte den Aufschub. Beide Politiker betonten, daß das geplante Inkraftreten der Gesetze zum 1.April nicht gefährdet sei.

Fragt sich bloß, ob im Bundestag über mehr als nur einzelne Teile des Pakets abgestimmt werden kann. Denn bisher ist nicht erkennbar, wie der grundsätzliche Dissens innerhalb der Koalition, beispielsweise bei der Frage der Einbeziehung der Privatkassen in die Finanzierung des Solidarsystems und der Gestaltung der Länderfinanzausgleichs bei den gesetzlichen Kassen, überwunden werden kann. Ein womöglich letzter Einigungsversuch vor der entscheidenden Abstimmung soll nun auf einem Treffen der Koali­tionsspitzen am 29. Januar erfolgen.

Oppositionspolitiker nutzten die angekündigte Verschiebung zur Bekräftigung ihrer Forderung nach einem »Neustart« in Sachen Gesundheitsreform. Der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Frank Spieth, erklärte am Dienstag, die geplante Reform könne auch »mit zwei weiteren Wochen Streit der Koalitionäre nicht besser werden«. Das Vorhaben sei von »sozialer Blindheit« geprägt. Notwendig sei dagegen die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung unter Einbeziehung aller Einkommensarten. Die Fraktionschefin der Grünen, Renate Künast, forderte »dem Gesundheitsmurks endlich ein Ende zu setzen«. Benötigt werde ein Reformpaket mit »echter Solidarität« und Wettbewerb bei Kassen, Ärzten und Apotheken.

(AP/ddp/jW)