Links & bündig: Jetzt bestellen!
Gegründet 1947 Sa. / So., 01. / 2. Februar 2025, Nr. 27
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Links & bündig: Jetzt bestellen! Links & bündig: Jetzt bestellen!
Links & bündig: Jetzt bestellen!

Sieger sitzen zu Gericht

BVerfG verkündet Urteil über Kündigungen von früheren DDR-Bürgern

Das Bundesverfassungsgericht verkündet am morgigen Dienstag in Karlsruhe seine Entscheidung über die Kündigung von acht ehemaligen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der DDR. Die Staatsangestellten, vom Universitätsrektor bis zu einem Lagerarbeiter bei der Nationalen Volksarmee, waren nach der Vereinigung wegen »zu großer Nähe zum SED-Regime« entlassen worden. Nach den Kündigungssondervorschriften des Einigungsvertrages waren Entlassungen bei »mangelhafter Qualifikation«, »mangelnder persönlicher Eignung« oder bei falschen Angaben zur MfS-Mitarbeit im Übernahme-Fragebogen möglich.

Das Gericht hat die acht Klagen in vier Fallgruppen aufgeteilt und wird deshalb auch vier Urteile verkünden. Beobachter der mündlichen Verhandlung in Leipzig am 10. März gehen davon aus, daß zumindest einem Teil der Klagen stattgegeben wird, weil bei den Kündigungen gegen Richtlinien verstoßen worden sei, die das BVerfG 1995 in einer ersten Entscheidung zu den Sonderkündigungen aufgestellt hatte. Damals hatten die Richter zwar die Vorschriften im Grundsatz für verfassungsgemäß erklärt, jedoch betont, daß »nur besondere Umstände eine Kündigung rechtfertigen«.

Bei der Überprüfung verlangte das BVerfG zudem eine »einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des betroffenen Arbeitnehmers«. Voraussetzung für die Beschäftigung im öffentlichen Dienst der DDR sei ein Bekenntnis zur sozialistischen Gesellschaftsordnung gewesen. Die übliche Loyalität und Kooperation reiche daher allein nicht aus, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Die hauptamtliche Parteiarbeit für die SED könnte allerdings darauf hindeuten, daß ein Bediensteter für den öffentlichen Dienst der Bundesrepublik ungeeignet sei.

Bei den jetzt anstehenden Urteilen hat das BVerfG in einer ersten Gruppe die Kündigungen dreier Lehrer zusammengefaßt, die zudem SED-Parteisekretäre waren. Im zweiten Komplex geht es um die Klage des ehemaligen Rektors der Humboldt-Universität in Ost-Berlin Heinrich Fink, dem vorgeworfen wird, ein Informant des MfS gewesen zu sein. Im dritten Komplex geht es um die Kündigungen dreier Beschäftigter, die Fragebögen zu ihrer MfS-Mitarbeit nicht korrekt ausgefüllt hatten. Darunter ist auch ein Lagerverwalter der NVA, der von der Bundeswehr als Küchenhilfskraft übernommen worden war. Weil er eine 30 Jahre zuvor abgegebene Verpflichtungserklärung gegenüber der DDR-Staatssicherheit nicht angegeben hatte, war er von Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) entlassen worden. Im letzten Komplex prüft das Gericht, ob es zulässig war, die im Einigungsvertrag zunächst auf zwei Jahre befristeten erleichterten Kündigungsmöglichkeiten um 15 Monate bis Ende 1993 zu verlängern. Die einseitige Änderung des Staatsvertrages zwischen der Bundesrepublik und der DDR durch den Bundesgesetzgeber verstößt nach Ansicht der Kläger gegen den Vertrauensschutz.

jW/AFP

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Mehr aus: Inland