Aus: Ausgabe vom 27.01.2007, Seite 4 / Inland
Dauerbrenner Sparkasse
Berlin: Bündnis gegen Privatisierungen erwägt Volksbegehren gegen Verkaufspläne des SPD/Linkspartei.PDS-Senats. Von Rainer Balcerowiak
Wenn’s ums Geld geht – Sparkasse« ist seit Jahren der zentrale Werbeslogan des noch in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft befindlichen Geldinstituts. Doch die Botschaft richtet sich mittlerweile nicht nur an potentielle Kunden, sondern auch an Finanzinvestoren und andere Bankinstitute. Noch bis zum 5.Februar können sich Interessenten beim Berliner Senat melden, wenn sie den Erwerb der Mehrheitsanteile der bisher zu 81 Prozent im Landesbesitz befindlichen Landesbank Berlin Holding (LBBH), zu der auch die Sparkasse gehört, anstreben. Der Senat will bis zum Sommer über den Verkauf entscheiden. Die Veräußerung an einen privaten Erwerber wäre ein Präzedenzfall für alle öffentlich-rechtlichen Geldinstitute in Deutschland, da dieser nicht mehr an die Gemeinwohlverpflichtungen der Sparkassen gebunden wäre.
Der Berliner SPD/Linkspartei.PDS-Senat, der den geplanten Verkauf durch ein neues Sparkassengesetz ermöglicht hat, beruft sich dabei auf Vorgaben der EU-Kommission, die den Verkauf der Berliner Sparkasse zwingend vorschreiben würden. Andernfalls müßte das Land mehrere Milliarden Euro Subventionen zurückzahlen, mit denen die Insolvenz des LBBH-Vorgängers Bankgesellschaft Berlin verhindert wurde, behaupten gebetsmühlenartig Vertreter der beiden Regierungsparteien.
Doch diese Schutzbehauptung läßt sich kaum noch aufrechterhalten. In mehreren Gutachten und Studien wurde inzwischen detailliert nachgewiesen, daß der Verkauf der Sparkasse unter Verzicht auf ihre Gemeinwohlorientierung keineswegs zwingend ist. So kommt beispielsweise Professor Bernhard Nagel in einem Rechtsgutachten für die Hans-Böckler-Stiftung zu dem Schluß, daß das Gesetz, das sich der »rot-rote« Senat von einer Wirtschaftskanzlei erstellen ließ, die auch für den Bundesverband Deutscher Banken tätig ist, sowohl dem deutschen Aktien- als auch dem Kreditwesengesetz widerspricht. Außerdem werde das Recht der Bundesländer auf die Verankerung der Gemeinwohlorientierung in Landessparkassengesetzen durch Rahmenvereinbarung der Bundesregierung mit der EU über die Liberalisierung des deutschen Bankwesens nicht tangiert.
Dieser Auffassung haben sich mittlerweile teilweise auch die Berliner Bündnisgrünen angeschlossen. Sie präsentierten am Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Änderung des Sparkassengesetzes, mit dem unter anderem die Verpflichtung der Sparkasse zur Einrichtung eines kostengünstigen Girokontos für jeden Bürger festgeschrieben werden soll.
Bei der Berliner Linkspartei.PDS gibt es trotz heftiger Kritik in den eigenen Reihen jedoch keinerlei Bereitschaft, den eingeschlagenen Kurs zur Privatisierung der Sparkasse zu korrigieren. Das Berliner Bündnis gegen Privatisierungen, dem unter anderem die WASG, die DKP, die Berliner Mietergemeinschaft und die Initiative Berliner Bankenskandal angehören, erwägt deshalb die Einleitung eines Volksbegehrens für ein neues Sparkassengesetz. Kernpunkte eines solchen Gesetzes wären die Restrukturierung der Berliner Sparkasse als voll rechtsfähiger Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Bilanzierung sowie die Festlegung auf gemeinnützige Verwendung der erzielten Gewinne. Benedict Ugarte Chacón von der Initiative Berliner Bankenskandal wies am Freitag gegenüber jW darauf hin, daß man zur Zeit prüfe, ob ein in diesem Sinne erfolgreiches Volksbegehren auch nach einer möglichen Entscheidung des Senats für einen privaten Bieter wirksam würde, da auch eine privatisierte Sparkasse der öffentlich-rechtlichen Trägerschaft unterliege und entsprechenden gesetzlichen Festlegungen unterworfen wäre.
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