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Bayrischer Innenminister kümmert sich um Flüchtlinge

Schlesier-Treffen stellte Forderungen an Polen und Tschechien

Dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) wird oft vorgeworfen, daß er sich nicht um die Rückkehrmöglichkeiten von Flüchtlingen kümmere. Er lasse zum Beispiel Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien abschieben, egal, was sie dabei erwartet und wie es in deren Heimat aussieht. Aber es ist sicher nur eine Frage, um welche Flüchtlinge es geht.

Auf dem zweitägigen »Deutschlandtreffen der Schlesier« am Wochenende in Nürnberg zeigte Beckstein, daß er sich sehr wohl für Rückkehrmöglichkeiten interessiert. Die müßten rechtlich abgesichert sein, forderte er am Sonntag von den östlichen Nachbarländern der Bundesrepublik. Denn die Flüchtlinge, die sich »Heimatvertriebene« nennen, hätten ein Recht auf Heimat - und darauf, daß die so aussieht, wie sie es sich vorstellen. Dazu zählt Beckstein die Möglichkeit für Schlesier oder Ostpreußen, sich in Polen zum Beispiel niederlassen zu können, wenn sie das wünschten. Bayerns Innenminister stellte die gleichen Bedingungen wie zuvor schon Ober-Schlesier Herbert Hupka: Die Staaten Mittel- und Osteuropas dürften erst dann der Europäischen Union beitreten, wenn sie sich den deutschen Vorstellungen von Rückkehr fügen. Wie alle westeuropäischen Staaten sollten auch diese Länder sich für eine Ächtung der »Vertreibung« auf internationaler Ebene aussprechen, forderte Beckstein. Außerdem will er zweisprachige Ortsschilder in Oberschlesien und »ausreichend Deutschunterricht« für die in Polen lebenden Deutschen.

Hupka riet am Sonntag Polen und Tschechien, sich doch den »Wertekodex der EU« zu eigen zu machen. Zwar seien die Schlesier dafür, Polen aufzunehmen, aber zuvor müsse sicher sein, ob die neuen Mitglieder »willens sind, die Kriterien, die für eine Mitgliedschaft Bedingung sein müssen, zu erfüllen«. Der Ober-Schlesier glaubt zwar, daß eine »faire Auseinandersetzung über die Vertreibung« begonnen habe. Aber zufrieden ist er noch nicht mit der polnischen Regierung: Die habe ihn nicht einmal einen »Hauch einer moralischen Distanzierung« vom »gewaltsamen Eigentumsentzug« spüren lassen.

Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) war das anscheinend doch etwas zu deutlich. Er warnte: »Wer alles gleich haben will, wird gar nichts erreichen.« Die ungeduldigen Alt- und Jung-Schlesier in der Nürnberger Frankenhalle bedachten seine Empfehlung, schrittweise vorzugehen, mit Pfiffen. Aber auch Töpfer möchte gern Schilder in zwei Sprachen an der Autobahn sehen, wenn er das nächste Mal durch den schlesischen Teil Polens fährt.

An dem zweitägigen Treffen in Nürnberg, daß alle zwei Jahre stattfindet, haben laut Agenturmeldung etwa 100 000 Menschen teilgenommen.

jW/AP

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