Oranier-Märsche weitgehend friedlich
Ohne größere Zwischenfälle sind am Wochenende in Nordirland die traditionellen Märsche des protestantischen Oranier-Ordens zum Gedenken an einen historischen Sieg in den Konfessionskriegen des 17. Jahrhunderts verlaufen. In überwiegend katholischen Ortschaften blockierte die Polizei den Marschteilnehmern den Weg, um Zusammenstöße mit Gegendemonstranten zu verhindern. In der Nacht zum Sonnabend waren in Belfast fünf britische Sicherheitskräfte und zwei protestantische Jugendliche niedergeschossen worden. Der Verzicht des Oranier-Ordens auf vier der angekündigten Märsche stieß auf Kritik in den eigenen Reihen.
An den Hunderten von Märschen in Nordirland nahmen schätzungsweise 80 000 Mitglieder des Oranier-Ordens teil. In Dunloy, Bellaghy, Pomeroy und Castlewellan hinderte die Polizei die Marschteilnehmer mit Mannschaftswagen und Beamten in schußsicheren Westen daran, durch die Ortschaften zu ziehen. In Dunloy erwarteten etwa 200 Katholiken knapp 30 protestantische Demonstranten.
In Derry wollten die Teilnehmer des Umzugs eine Kompromiß-Route unter Umgehung der Innenstadt einschlagen, sie wurden von Befürwortern einer härteren Linie aus den eigenen Reihen aber in Richtung Stadtzentrum abgedrängt. Katholiken warfen den Oraniern und der Polizei anschließend Wortbruch vor. Am frühen Sonntag morgen bewarfen rund 200 jugendliche Demonstranten Polizeifahrzeuge in der Innenstadt mit Steinen und Flaschen. Verletzt wurde niemand.
Die Irisch-Republikanische Armee (IRA) bekannte sich am Sonnabend zu den Schüssen auf britische Sicherheitskräfte in der Nacht zuvor. Bei dem Feuerüberfall wurden zwei Polizisten und drei Soldaten verletzt. Nach Augenzeugenberichten feuerten die Attentäter aus einem vorbeifahrenden Auto etwa 20 Schüsse ab. Die Sicherheitskräfte hatten zwischen dem katholischen Viertel Ardoyne und angrenzenden protestantischen Stadtteilen Fahrzeuge kontrolliert. Später feuerten Unbekannte auf eine Gruppe feiernder Protestanten. Dabei wurden ein 14- und ein 18jähriger verletzt. Zu diesem Angriff bekannte sich zunächst niemand. Die britische Nordirlandministerin Mowlam nannte die Anschläge feige und provokativ.
Unterdessen bezeichneten viele Mitglieder des Oranier- Ordens die Absage der Märsche in Südbelfast und Newry sowie deren Verlegung in Derry und Armagh als Verrat an der eigenen Sache. Der Führer der Kritiker, Joel Patton, sagte, die Entscheidung sei ohne Wissen und Zustimmung der Basis getroffen worden. Die Belfaster Sektion des Ordens forderte die protestantischen Parteien Nordirlands auf, die Friedensgespräche mit den Katholiken abzubrechen. Andere kritisierten die Führung des Ordens scharf und forderten ihren Rücktritt. Robert Saulters, der der Organisation vorsteht, betonte, die Absagen seien keine Kapitulation. Sie seien notwendig gewesen, um einen Bürgerkrieg zu verhindern.
jW/AP
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