Aus: Ausgabe vom 14.08.2007, Seite 12 / Feuilleton
Zeitgeisterstunde
Von Robert Best
Humorloser hätte Billy Corgan den Titel fürs neue Album seiner frisch wiedervereinten Band Smashing Pumpkins kaum wählen können. Zeitgeist steht da auf dem Cover – darüber versinkt vor gleißender Morgensonne und rotem Himmel die Freiheitsstatue im Meer. Im Heft zur CD posiert Paris Hilton vor einem Atompilz, und vom US-Präsidentenpult herunter spricht der Sensenmann in eigener Person.
Mit dem Holzhammer geriert sich Corgan als Untergangsprophet seines Heimatlandes – bleibt allerdings in schwülstiger Symbolik stecken. Entschlossener drängen da die traditionell eher lyrisch-unverbindlichen Texte ins Politische. In »United States« droht Corgan: »Whose side are you on? / Your blood you cannot buy / Revolution!« Das freiheitliche Amerika wird in »Doomsday Clock« als Mordregime entlarvt: »I’m guessing I’m born free, silly me / I was meant to beg from my knees«.
Musikalisch lassen es die Pumpkins zu CD-Beginn ebenso aufrichtig krachen: Schlagzeuger Jimmy Chamberlin prügelt sich in den ersten beiden Songs die Leber aus dem Leib. Auch die Neuen Ginger Reyes und Jeff Schroeder an Gitarre und Baß geraten ins Schwitzen. Selbst Corgan sang selten so eindringlich. Leider werden die Stücke danach schwächer und die Produktion wird glatter, aber »Zeitgeist« ist ja auch ein Comeback-Album.
Da ist nichts mehr so glasklar und morgenfrisch wie auf »Siamese Dream« von 1994, als die Pumpkins die Post-Grunge-Ära einläuteten, kaum etwas so großartig überkandidelt wie auf dem Nachfolger »Mellon Collie«, als es Corgan glückte, die Band als Supergroup auf ihrem Zenit zu inszenieren.
Dennoch ist »Zeitgeist« mehr als ein Selbstzitat. In den lichten Momenten bricht sich die alte Genialität unberechenbar disharmonisch Bahn. »Pomp and Circumstances« ist eine Hymne, wie David Bowie sie nicht majestätischer hätte komponieren können – garniert mit einem verpeilten Metal-Gitarrensolo, das nur auf der letzten Slayer-Platte nicht aufgefallen wäre. Und wenn Corgan in »For God and Country« mit düsterer Apokalyptik an den Widerstand gegen Vaterland und Terrorkrieg appelliert, darf Pop einfach mal Pop sein. Funktioniert in der Indie-Disco und auf dem Soldatenfriedhof.
Mit dem Holzhammer geriert sich Corgan als Untergangsprophet seines Heimatlandes – bleibt allerdings in schwülstiger Symbolik stecken. Entschlossener drängen da die traditionell eher lyrisch-unverbindlichen Texte ins Politische. In »United States« droht Corgan: »Whose side are you on? / Your blood you cannot buy / Revolution!« Das freiheitliche Amerika wird in »Doomsday Clock« als Mordregime entlarvt: »I’m guessing I’m born free, silly me / I was meant to beg from my knees«.
Musikalisch lassen es die Pumpkins zu CD-Beginn ebenso aufrichtig krachen: Schlagzeuger Jimmy Chamberlin prügelt sich in den ersten beiden Songs die Leber aus dem Leib. Auch die Neuen Ginger Reyes und Jeff Schroeder an Gitarre und Baß geraten ins Schwitzen. Selbst Corgan sang selten so eindringlich. Leider werden die Stücke danach schwächer und die Produktion wird glatter, aber »Zeitgeist« ist ja auch ein Comeback-Album.
Da ist nichts mehr so glasklar und morgenfrisch wie auf »Siamese Dream« von 1994, als die Pumpkins die Post-Grunge-Ära einläuteten, kaum etwas so großartig überkandidelt wie auf dem Nachfolger »Mellon Collie«, als es Corgan glückte, die Band als Supergroup auf ihrem Zenit zu inszenieren.
Dennoch ist »Zeitgeist« mehr als ein Selbstzitat. In den lichten Momenten bricht sich die alte Genialität unberechenbar disharmonisch Bahn. »Pomp and Circumstances« ist eine Hymne, wie David Bowie sie nicht majestätischer hätte komponieren können – garniert mit einem verpeilten Metal-Gitarrensolo, das nur auf der letzten Slayer-Platte nicht aufgefallen wäre. Und wenn Corgan in »For God and Country« mit düsterer Apokalyptik an den Widerstand gegen Vaterland und Terrorkrieg appelliert, darf Pop einfach mal Pop sein. Funktioniert in der Indie-Disco und auf dem Soldatenfriedhof.
Smashing Pumpkins: Zeitgeist (Martha’s Music)
Mehr aus: Feuilleton
-
Das Sommertagebuch (37)
vom 14.08.2007 -
Geschichte statt Geschäfte
vom 14.08.2007 -
Sozialrentner Leopard
vom 14.08.2007 -
Zöpfe und Schwänze
vom 14.08.2007 -
Stichwort Arbeiter
vom 14.08.2007