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Aus: Ausgabe vom 16.07.1997 / Ausland

Perus Opposition solidarisiert sich mit Fernsehchef

Kundgebung für Pressefreiheit. »Fall Ivcher« wird zur Staatsaffäre

Die Affäre um den Chef des regierungskritischen peruanischen Fernsehsenders Frecuencia Latina, Baruch Ivcher, weitet sich zur Staatsaffäre aus. Die Opposition solidarisierte sich am Montag mit dem TV-Chef, dem nach Berichten über illegale Abhöraktionen der Regierung die peruanische Staatsbürgerschaft aberkannt worden war. An einer Demonstration zur Unterstützung des gebürtigen Israeli Ivcher beteiligten sich der frühere UN- Generalsekretär und Vorsitzende der Union für Peru (UPP), Javier Perez de Cuellar, sowie weitere Parteivorsitzende und Abgeordnete. Die etwa 3000 Teilnehmer der Kundgebung warfen der Regierung vor, »die Pressefreiheit einschränken und den Sender Frecuencia Latina TV beschlagnahmen zu wollen«. Auch die peruanische Journalistenvereinigung wandte sich gegen Versuche, den Medien einen Maulkorb umzuhängen.

Der Fernsehsender hatte am Sonntag illegale Abhöraktionen gegen meist oppositionelle Journalisten, Politiker, Richter, Unternehmer und Stars der Unterhaltungsbranche enthüllt und einige der Aufnahmen gesendet. Dem Sender zufolge wurden mindestens 197 solcher Aktionen von den Geheimdiensten der Armee und der Luftwaffe sowie vom staatlichen Geheimdienst vorgenommen. Mindestens 15 der Bespitzelten erkannten ihre Stimmen wieder und übten scharfe Kritik an den Polizeistaats-Methoden von Präsident Alberto Fujimori.

Die Opposition beschuldigt Fujimori, er wolle kritische Journalisten mundtot machen, deren Berichterstattung die von ihm angestrebte zweite Wiederwahl zum Staatschef gefährden könnte. Der Bürgermeister von Lima, Alberto Andrade, der im Fall seiner Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2000 als aussichtsreichster Bewerber gilt, schloß sich der Kritik an und forderte Fujimori auf, sich zu dem Fall zu äußern. In Unternehmerkreisen wurde befürchtet, daß die Affäre sich negativ auf die Bereitschaft ausländischer Geschäftsleute auswirken könnte, in Peru zu investieren.

Der Fernsehsender Frecuencia Latina hatte bereits im Mai über Folter innerhalb des militärischen Geheimdienstes berichtet. Weil der Sender auch kritisch über den als Geheimdienstkoordinator geltenden Berater von Staatspräsident Alberto Fujimori, Vladimiro Montesinos, berichtete, stand er bereits seit längerem unter dem Beschuß der Behörden.

Ivcher hat sich vor einigen Wochen nach Miami abgesetzt, nachdem ihm die Armeeführung vorgeworfen hatte, eine »Verleumdungskampagne« gegen die Streitkräfte zu betreiben. In einem Interview mit einem peruanischen Rundfunksender sagte Ivcher am Montag, sieben Agenten des militärischen Geheimdienstes seien in Miami eingetroffen, um ihn zu überwachen und auszuspionieren. Die peruanische Staatsbürgerschaft, die Ivcher 1984 verliehen wurde, war ihm mit der Begründung aberkannt worden, er habe seinen israelischen Paß nicht ordnungsgemäß abgegeben.

(jW/AFP)