Aus: Ausgabe vom 22.12.2007, Seite 16 / Aktion
Pressefreiheit?
Das Recht, Sie an dieser Stelle umfassend über laufende Prozesse gegen uns zu informieren, müssen wir uns immer wieder erst vor Gerichten erstreiten. Da verkämpft sich zum Beispiel noch immer der BKA-Kriminalhauptkommisar Gerhard Lehmann gegen die junge Welt und hat so schon viele tausend Euro seiner Behörde in den Sand gesetzt. Unter anderem versuchte er durch juristische Maßnahmen, eine korrekte Information unserer Leser über die laufenden Prozesse zu verhindern, zunächst gar mit Erfolg in der ersten Instanz. Zuletzt hat das Berliner Kammergericht der jungen Welt Recht gegeben und eine einstweilige Verfügung gegen diese Zeitung wieder aufgehoben. »Sie (die junge Welt, d.A.) kommentierte das Vorgehen des Klägers als Versuch, unbequeme Berichterstattung einzuschüchtern«, heißt es im Urteil. Das Gericht bescheinigt zunächst eine korrekte Berichterstattung. Und weiter: »Die Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und dem Grundrecht der Beklagten auf Meinungs- und Pressefreiheit ergibt, daß die Beklagte über die zivilrechtliche Auseinandersetzung vor dem Landgericht sowie das weitere presserechtliche Vorgehen des Klägers berichten durfte.« Obwohl dies nun schon der zweite Erfolg vor dem Kammergericht in Sachen Lehmann ist, stehen weitere Prozesse mit dem BKA-Beamten vor diversen Gerichten an. Wir werden darüber berichten.
Nicht weniger grundsätzlichen Charakter hat ein weiterer Fall. Der Sensationsjournalist und selbsternannte Kämpfer gegen den Islamismus Udo Ulfkotte griff die junge Welt und den Autoren Knut Mellenthin wegen angeblicher »unwahrer, rufschädigender und ehrverletzender Äußerungen« an, verlangte Unterlassungserklärungen von Verlag und Autor. Da er die nicht bekam, erwirkte er eine einstweilige Verfügung. Das Hauptsacheverfahren gegen Knut Mellenthin hat er dann allerdings verloren. Der Richter des Landgerichtes Frankfurt am Main wertete die Aussagen als Meinungsäußerungen, die den Schutz des Artikels 5 Abs. 1 des Grundgesetzes genießen. Er bestätigt dem jW-Autor, »einen Beitrag zum politischen Meinungskampf« geleistet zu haben. Dem Recht auf freie Meinungsäußerung sei breiter Raum zu gewähren, »weil diesem Grundrecht eine im demokratischen Rechtsstaat schlechthin konstitutive Rolle zukommt«. Für das kommende Jahr ist ein Prozeß in gleicher Sache gegen den Verlag 8. Mai GmbH angesetzt, der jetzt aber wohl nicht zustande kommen wird: Ulfkotte hat der jungen Welt über seinen Anwalt am vergangenen Montag mitgeteilt, auf die Rechte aus der erwirkten einstweiligen Verfügung zu verzichten und die dem Verlag 8. Mai GmbH entstandenen Kosten zu übernehmen.
Ganz neu ins Haus ist nun ein weiterer Fall gekommen. Kläger ist diesmal Reiner Burger, Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Sachsen. Er behauptet, die junge Welt habe durch einen Artikel von Markus Bernhardt über den Sachsensumpfskandal den Eindruck erweckt, er gehöre zur organisierten Kriminalität. Die geforderte Unterlassungserklärung wurde nicht unterschrieben. Vom Landgericht Hamburg hat Burger dann (auch diesmal wie leider üblich ohne die Gegenseite auch nur anzuhören) eine einstweilige Verfügung erwirkt, bei deren Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250000 Euro bzw. Ordnungshaft bis zu zwei Jahren angedroht wird. Allerdings lautet der Vorwurf in der Verfügung, es würde der Eindruck erweckt, der Antragssteller habe einen Beitrag auf Veranlassung Dritter verfaßt und auf Veranlassung Dritter an den Dresdner Staatsanwalt übersandt. Dies wird im Artikel an keiner Stelle behauptet. Angegriffen wird auch ein Interview mit dem Abgeordneten der Partei Die Linke Klaus Bartl, in dem dieser die journalistischen Formen des Korrespondenten und die damit verfolgten Absichten der FAZ-Berichterstattung einschätzt. Auch dies sind eindeutig Meinungsäußerungen, die wir nach Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz für geschützte Grundrechte halten. Auch in diesem Fall sehen wir den Versuch, kritische und unliebsame Berichterstattung zu verhindern, eine Redaktion einzuschüchtern. Auch in dieser Sache wird es also demnächst zu einer Hauptsacheverhandlung kommen, und wieder wird die junge Welt nicht nur ihre eigenen Rechte und Interessen, sondern auch allgemein die der Pressefreiheit und des nach dem Grundgesetz besonders geschützten Rechts auf freie Meinungsäußerung verteidigen.
Warum wir Ihnen das grad hier und heute erzählen? Es gibt neben dem Umstand, daß wir eine wichtige Zeitung machen, noch ein paar andere Gründe, warum es sinnvoll ist, uns zu unterstützen. Bitte schicken Sie daher einen der Ihnen zur Verfügung gestellten Abocoupons ausgefüllt an den Verlag. Wir brauchen mehr Abos, um auch langfristig materiell genügend abgesichert zu sein. Denn die Verteidigung der Pressefreiheit ist leider auch eine Frage des Geldes.
Verlag, Redaktion, Genossenschaft
Nicht weniger grundsätzlichen Charakter hat ein weiterer Fall. Der Sensationsjournalist und selbsternannte Kämpfer gegen den Islamismus Udo Ulfkotte griff die junge Welt und den Autoren Knut Mellenthin wegen angeblicher »unwahrer, rufschädigender und ehrverletzender Äußerungen« an, verlangte Unterlassungserklärungen von Verlag und Autor. Da er die nicht bekam, erwirkte er eine einstweilige Verfügung. Das Hauptsacheverfahren gegen Knut Mellenthin hat er dann allerdings verloren. Der Richter des Landgerichtes Frankfurt am Main wertete die Aussagen als Meinungsäußerungen, die den Schutz des Artikels 5 Abs. 1 des Grundgesetzes genießen. Er bestätigt dem jW-Autor, »einen Beitrag zum politischen Meinungskampf« geleistet zu haben. Dem Recht auf freie Meinungsäußerung sei breiter Raum zu gewähren, »weil diesem Grundrecht eine im demokratischen Rechtsstaat schlechthin konstitutive Rolle zukommt«. Für das kommende Jahr ist ein Prozeß in gleicher Sache gegen den Verlag 8. Mai GmbH angesetzt, der jetzt aber wohl nicht zustande kommen wird: Ulfkotte hat der jungen Welt über seinen Anwalt am vergangenen Montag mitgeteilt, auf die Rechte aus der erwirkten einstweiligen Verfügung zu verzichten und die dem Verlag 8. Mai GmbH entstandenen Kosten zu übernehmen.
Ganz neu ins Haus ist nun ein weiterer Fall gekommen. Kläger ist diesmal Reiner Burger, Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Sachsen. Er behauptet, die junge Welt habe durch einen Artikel von Markus Bernhardt über den Sachsensumpfskandal den Eindruck erweckt, er gehöre zur organisierten Kriminalität. Die geforderte Unterlassungserklärung wurde nicht unterschrieben. Vom Landgericht Hamburg hat Burger dann (auch diesmal wie leider üblich ohne die Gegenseite auch nur anzuhören) eine einstweilige Verfügung erwirkt, bei deren Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250000 Euro bzw. Ordnungshaft bis zu zwei Jahren angedroht wird. Allerdings lautet der Vorwurf in der Verfügung, es würde der Eindruck erweckt, der Antragssteller habe einen Beitrag auf Veranlassung Dritter verfaßt und auf Veranlassung Dritter an den Dresdner Staatsanwalt übersandt. Dies wird im Artikel an keiner Stelle behauptet. Angegriffen wird auch ein Interview mit dem Abgeordneten der Partei Die Linke Klaus Bartl, in dem dieser die journalistischen Formen des Korrespondenten und die damit verfolgten Absichten der FAZ-Berichterstattung einschätzt. Auch dies sind eindeutig Meinungsäußerungen, die wir nach Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz für geschützte Grundrechte halten. Auch in diesem Fall sehen wir den Versuch, kritische und unliebsame Berichterstattung zu verhindern, eine Redaktion einzuschüchtern. Auch in dieser Sache wird es also demnächst zu einer Hauptsacheverhandlung kommen, und wieder wird die junge Welt nicht nur ihre eigenen Rechte und Interessen, sondern auch allgemein die der Pressefreiheit und des nach dem Grundgesetz besonders geschützten Rechts auf freie Meinungsäußerung verteidigen.
Warum wir Ihnen das grad hier und heute erzählen? Es gibt neben dem Umstand, daß wir eine wichtige Zeitung machen, noch ein paar andere Gründe, warum es sinnvoll ist, uns zu unterstützen. Bitte schicken Sie daher einen der Ihnen zur Verfügung gestellten Abocoupons ausgefüllt an den Verlag. Wir brauchen mehr Abos, um auch langfristig materiell genügend abgesichert zu sein. Denn die Verteidigung der Pressefreiheit ist leider auch eine Frage des Geldes.
Verlag, Redaktion, Genossenschaft
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!