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Aus: Ausgabe vom 28.01.2008, Seite 16 / Aktion

Hammer der Woche

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Siegfried Kracauers Klassiker »Die Angestellten« von 1930 gilt bis heute als Prototyp der subjektiv gefärbten Sozialreportage. Christof Meueler bestellte zwei Soziologen ein, die schon mehrfach für ihn tätig waren und entwickelte mit ihnen – bei einem Gespräch in den ehrwürdigen Räumlichkeiten des jW-Feuilletons – eine Idee: Es ist Zeit für »Die Angestellten im 21.Jahrhundert«. Statt Schreibmaschine nun WordArt, statt der »Kurzen Lüftungspause« nun Gleitzeit, aber hat sich in der Struktur tatsächlich irgendetwas verändert? Bleibt der Kampf nicht der immer gleiche? Wohin gehen die Angestellten? Gehen Sie überhaupt? Viele aktuelle Fragen und so entschied sich die junge Welt, diese Form der Beschreibung zeitgenössisch wieder aufzunehmen. Eine Serie entstand. Und die war so gut, daß der große Suhrkamp-Verlag die Rechte für den Buchtitel bereitstellte und der ehrwürdige Deutschlandfunk urteilte: »Sie sind witzig. Sie sind böse. Sie sind sarkastisch«. Zuerst stand's hier – im Feuilleton der jungen Welt. (...)

»Kracauer reloaded« (NDR-Kultur) beweist, daß sich außer dem Tempo und den Begriffen nicht viel geändert hat, nur die Sehnsüchte und Ansprüche sind ein wenig ausdifferenzierter: »Daß der Angestellte sich so individuell wie noch nie wähnt, das suggeriert ihm sein dreiwöchiger Barbados-Urlaub, sein Audi kompakt oder sein Siegwurf bei den Prellballmeisterschaften in Kellinghusen.« Ein Stück Alltagssoziologie, das dezidiert beschreibt, wie es sich im 21. Jahrhundert lebt, »geistig entmündigt vom Ikea-Katalog« und jede Nacht geplagt von »Peter-Maffay-Aussteigerphantasien«.


Die Autoren Oliver Carlo Errichiello und Arnd Zschiesche konnten Konstantin Wecker für das Projekt begeistern, der ein Vorwort schrieb, der Zeichner und Karikaturist Tomi Ungerer erklärte sich bereit, einige bissige Zeichnungen zum Thema beizusteuern. Das Buch eroberte sich– ohne Werbung nur mit guten Kritiken – (s)ein Publikum: Die zweite Auflage erschien 2007. Der Verlag Moderne Heimat möchte sich mit seinem Beitrag zum »Hammer der Woche« beim Feuilleton der jungen Welt für den Mut bedanken, mit Texten an die Öffentlichkeit zu treten, die nicht glattgebügelt oder einfach so wegzulesen sind.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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