Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: uni-spezial, Beilage der jW vom 22.10.2003

Abwärtstrend stoppen!

Nur mit aktivem Widerstand gegen Hochschulkahlschlag, Studiengebühren und Privatisierung wird es mit dem Bildungssystem wieder aufwärts gehen
Von Ralf Wurzbacher

»Ich kann mir nicht vorstellen, daß Studierende ausdrücklich Ermutigung brauchen. Wer nach Berlin kommt, weiß, daß ihn ein attraktiver Hochschulstandort und eine aufregende Stadt erwarten.« Aufregende Stadt? – ganz gewiß. Attraktiver Hochschulstandort? – mit Sicherheit nicht! Der hier so leichtfertig mit Halbwahrheiten hantiert, ist Thomas Flierl, seines Zeichens Berliner Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Die ganze Wahrheit ist: Mit Berlins Hochschulen geht’s abwärts! Nicht erst, seit der PDS-Mann im Regierungsboot sitzt; mit ihm wird der Abwärtstrend allerdings noch beschleunigt.

Flierls Statement ist Teil einer Grußadresse an die Studienanfänger der Humboldt-Universität (HU) in der HU-Sonderbeilage des Berliner Tagesspiegel vom vergangenen Freitag. Weniger »ermutigend« die Botschaft der HU-Leitung vom Vortag. Als Reaktion auf die von der SPD-PDS-Landesregierung verhängten Hochschulkürzungen von 75 Millionen Euro bis 2009 verkündete Berlins Vorzeigeuni, 530 Stellen und damit jeden fünften Arbeitsplatz zu streichen. Unter den Tisch fallen sollen unter anderem 90 Professuren und 180 wissenschaftliche Mitarbeiter. Statt zehn soll es demnächst lediglich sechs Fakultäten geben, statt 16000 Studienplätzen künftig nur noch 13000. Tags darauf legte die Freie Universität (FU) mit ihrem »Strukturplan« nach: 500 Stellen weg, 80 Professuren und 3000 Studienplätze weniger. Unklar ist nur noch, wie viele »Sparopfer« die Technische Universität (TU) wird bringen müssen. Gerüchteweise stehen 80 Professuren und bis zu 5000 Studienplätze zur Disposition. Damit wird demnächst auch der SPD-PDS-Koalitionsvertrag zur Makulatur, der 85000 ausfinanzierte Studienplätze für heute rund 130000 Studierende »garantiert«. Um die wenigen Plätze muß man sich neuerdings auch noch schlagen: Mit dem Wintersemester gilt an den drei großen Universitäten ein nahezu flächendeckender Numerus clausus. Zur Krönung des Ganzen liebäugeln die Berliner Koalitionäre auch noch mit der Einführung von Studienkonten.

Unser Uni-Spezial wird zeigen, daß Berlin nur ein Beispiel unter vielen ist. In sämtlichen Bundesländern ist der Hochschulkahlschlag – wo nicht schon voll im Gange – fester Bestandteil der »Reformagenda«. Allerorten sollen Studienplätze abgebaut, Institute dichtgemacht und Lehrpersonal weggekürzt werden. Und kaum noch ein Land, in dem Studiengebühren nicht bereits eingeführt oder beschlossene Sache sind, ob als Studienkonten, Langzeit-, Zweitstudien- oder Verwaltungsgebühren. Die Argumentation der Verantwortlichen ist immer dieselbe: Eigentlich habe Bildung absolute Priorität, aber die öffentliche Kassenlage mache Einschnitte unumgänglich. Die Quittung für die verfehlte Bildungspolitik bekam Deutschland gerade erst von der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) serviert. Nach wie vor rangiert die Bundesrepublik beim Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt unterhalb des OECD-Schnitts, bei der Zahl der Abiturienten, Studierenden und Akadamiker sogar unter den Schlußlichtern.

junge Welt will Einblicke liefern, wie weit die eingeleiteten »Hochschulreformen« vorangeschritten sind und welche Folgen diese zu zeitigen drohen. Es kommen überwiegend Studierende selbst zu Wort, die die Kürzungen am eigenen Leib zu spüren bekommen und in Studierendenbündnissen und -verbänden, Asten und Hochschulgruppen aktive politische Gegenwehr leisten. jW will sie in ihrem Kampf unterstützen, ihre Anliegen öffentlich machen und damit einen Beitrag leisten, daß noch sehr viele mehr politischen Widerstand leisten. »Seien Sie neugierig, kritisch und mischen Sie sich ein!«, hat Thomas Flierl den Studierenden mit auf den Weg gegeben. Nehmen wir ihn beim Wort!

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!