Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: uni-spezial, Beilage der jW vom 20.10.2004

Ruhe vor dem Sturm?

In der Protestfront gegen Bildungs- und Sozialkahlschlag sind die Studierenden unerläßlich
Von Ralf Wurzbacher

Es herrscht wieder Ruhe an Deutschlands Hochschulen. Auf ein Wintersemester »Uniwut« folgte ein Sommersemester »business as usual«. Trillerpfeifen, Trommeln, Flüstertüten, Transpis und Flyer wurden eingemottet – Schreibblock, Kuli, Taschenrechner und Lehrbücher wieder herausgekramt. Schließlich müssen Studierende auch mal ans Studieren denken, und daran, wie sie jetzt und künftig ihre Brötchen verdienen.

Darüber zerbrechen sich hierzulande freilich noch andere den Kopf. Als im Winter 2003/04 eine beachtliche studentische Protestwelle über ganz Deutschland schwappte und Studierende zu Zehntausenden gegen Bildungs- und Sozialabbau durch die Straßen zogen, war »Hartz IV« nur ein Schlagwort ohne Inhalt. Heute weiß fast jeder: Ab Januar nächsten Jahres wird das größte Sozialkahlschlagsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik ins Werk gesetzt. Hunderttausende werden per Gesetz entrechtet, enteignet und in Armut gestürzt. Gewiß hat sich das auch bis an die Hochschulen herumgesprochen, eine weithin sicht- und hörbare Reaktion ist bislang jedoch ausgeblieben.

Die seit Jahren größten »Studentenunruhen« im vergangenen Winter haben bei manchem die Hoffnung genährt, daß der Protest nicht nur von Dauer, sondern durch die deklarierte und in Ansätzen praktizierte Solidarisierung mit den vom Sozialkahlschlag Gebeutelten von neuer Qualität und nachhaltiger Energie sein könnte. Ein dreiviertel Jahr später muß man feststellen: Die Hoffnung war eine Illusion! Natürlich wurde auch im zurückliegenden Semester hier und da mal protestiert, demonstriert oder gar gestreikt. Nur ging das Aufbegehren diesmal nicht über den Kreis der wenigen aufrechten, hartgesottenen Aktivisten in den Streikkomitees und Studierendenvertretungen hinaus. Von ihren Kommilitonen, die vor gut einem Jahr noch in Massen in aller Öffentlichkeit Krach geschlagen hatten, ist heute nichts mehr zu hören.

Über ihre Motive läßt sich nur spekulieren: Vielleicht geht es den Studierenden noch zu gut. Vielleicht ist ihr Stillhalten Ausdruck der Ernüchterung, daß ihr Aufstand mehr oder weniger folgenlos geblieben ist. Vielleicht sind auch einfach zu wenige politisiert genug, um zu begreifen, daß mehr auf dem Spiel steht als der nächste Leistungsschein. Oder bedarf es nur eines weiteren Schockerlebnisses? In Kürze wird sich vor dem Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob die Kultusminister aller Länder in Zukunft Studiengebühren ab dem ersten Semester abkassieren dürfen. Andererseits: Auch in den zurückliegenden Monaten wurden wieder alle Hebel in Bewegung gesetzt, Bildung zur käuflichen Ware zu machen und die sozialen Sicherungsysteme zu zerschlagen. Beide Prozesse sind Teile eines politischen Programms, das sich nur durch breiten Widerstand verhindern läßt. In dieser Protestfront sind die Studierenden unerläßlich.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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