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Aus: feminismus, Beilage der jW vom 02.03.2005

Frauen im braunen Netz

Immer häufiger sind Täterinnen beteiligt an rassistischem und antisemitischem Handeln, sie arbeiten in Parteien und Gruppen, ihre Ideologie ist autoritär und nationalistisch
Von Ulla Jelpke

Ein Aufruf der ehemaligen Bundesmädelführerin Katharina Handschuh von der neofaschistischen NPD/JN im Internet wirbt Frauen wie folgt an: »In der heutigen Zeit, die geprägt ist von Werteverfall, der Zerstörung deutscher Identität durch Multikultur und Überfremdung, ist es notwendiger als je zuvor, daß sich Frauen und Mädels auf ihre Sendung und Aufgabe im Volk zurückbesinnen und sich aktiv am nationalen Befreiungskampf beteiligen ...« Der Appell blieb nicht ungehört. Heute kann man feststellen: Innerhalb des aus der Mitte der Gesellschaft kommenden Rechtsextremismus und Neonazismus sind Frauen Handelnde.

Die polizeilichen Erfahrungen besagen, daß 95 Prozent der neofaschistischen Gewalttaten von Männern begangen werden. Beim Wahlverhalten sind die Unterschiede schon deutlich geringer. Rassistische Parteien werden zu zwei Dritteln von Männern, aber immerhin zu einem Drittel von Frauen gewählt. Dies wird nicht nur in der BRD, sondern in allen westlichen Industriestaaten beobachtet. Untersuchungen über die Einstellungen zu Rassismus haben ergeben, daß Frauen zwar eine etwas geringere Ausprägung von Rassismus zeigen, aber die Unterschiede sind nicht groß. Auf Distanz gehen Frauen eher dann, wenn rassistisches Denken mit männlich-chauvinistischem Verhalten kombiniert wird. Aber die rassistische Programmatik extremer rechter Parteien spricht durchaus auch Frauen an. Allerdings kommen die soziologischen Untersuchungen im Detail zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. So bescheinigt etwa die grundlegende Heitmeyer-Studie von 1987 Frauen mehr Resistenz gegenüber rigoros autoritär nationalisierendem Denken. Die Soziologin Birgit Meyer meint, daß sich bei Frauen zwar weniger Autoritarismus, deutschnationales Denken und Verherrlichung des Faschismus als politische Idee finden, daß aber Führerkult und Rassismus mehr Anhängerschaft als bei Männern finden.

Manche Einschätzungen angeblich geringerer Gewaltbereitschaft von Frauen beruhen auf der These, daß Frauen in den Familien Gewalt vor allem als Opfer erleben und nicht für sich selbst als aktive Konfliktlösungsmöglichkeit verinnerlichen. Dagegen ist die Psychologin Birgit Rommelspacher der Auffassung, daß Frauen nicht weniger gewalttätig sind, sondern lediglich andere Gewaltformen wählen. Sie bevorzugen Methoden, die weniger auffallen und den gängigen Rollenzuschreibungen eher entsprechen: subtilere und indirektere, etwa Ignorieren, Vermeiden, Ausschließen, Zurückweisen. Auf diese Weise geben auch Frauen ihre Gewalterfahrungen an die ihnen unterlegen Erscheinenden weiter, etwa an Migrantinnen.

Frauentypisch soll es auch sein, die direkte Gewaltausübung an die Männer zu delegieren, was die Zustimmung der Frauen zu rassistisch motivierten Gewalttaten aber nicht schmälert. Nach dieser Theorie befürworten rechte Frauen eher schärfere Gesetze und staatliche Repression.

Aus Interviews der Journalistin Ruth Hoffmann im Jahre 2003 mit zehn 15 bis 25 Jahre alten Frauen aus dem Umfeld der rechten Szene folgt, daß für diese anscheinend eine gewisse Faszination von der »harten Männerwelt« in rechtsextremen Cliquen ausgeht. Das 22jährige Skingirl Paula suchte dort Akzeptanz als Gleichberechtigte durch »ebenso hartes Zuschlagen«.

Frauen machen je nach Bundesland zwischen fünf und zwanzig Prozent der gewaltbereiten Neofaschisten aus.

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