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Aus: uni-spezial, Beilage der jW vom 18.04.2007

Chancen für Gegenmacht

Studiengebühren, Privatisierungen, Elitenförderung – Deutschlands Hochschulen werden weiter »vermarktet«. Das Jahr 2007 könnte entscheidend sein, um dies aufzuhalten
Von Sebastian Wessels
Ein neuer Hochschulverband im Mai, eine neue Partei im Juni, daz
Ein neuer Hochschulverband im Mai, eine neue Partei im Juni, dazwischen der G-8-Gipfel – Chancen für die studentische Linke, in Bewegung zu kommen

Die Angriffe auf Bildung und Forschung jenseits ökonomischer Verwertungsinteressen werden an Deutschlands Universitäten auf breiter Front fortgesetzt. Erbitterte Proteste in mehreren Bundesländern konnten Studiengebühren bislang nicht abwenden. Während die ­BAföG-Sätze seit Jahren stagnieren, sollen Studierende daran gewöhnt werden, ihre Ausbildung mittels verzinster Kredite zu finanzieren und nach dem Abschluß mit einem Schuldenberg dazustehen. Hinter wohlklingenden Forderungen, »Hochschulautonomie« und »Selbstverwaltung« zu stärken, steht in der Regel die Absicht, den Staat aus der Verantwortung für die Bildung zu entlassen und die Hochschulen der Abhängigkeit von »Drittmitteln« aus der Wirtschaft preiszugeben – wenn man sie nicht gleich privatisiert. Noch vorhandene öffentliche Mittel werden zunehmend zur Elitenförderung umgeschichtet. So sollen international konkurrenzfähige Forschungsstandorte geschaffen werden – zu Lasten der Lehre, die für eine betriebswirtschaftlich organisierte Hochschule unattraktiv ist, zu Lasten prekär beschäftigter Lehrbeauftragter, die zunehmend das deutsche Hochschulwesen am Leben erhalten, und zu Lasten der Studierenden, die in immer größerer Zahl mit einer immer schlechteren Betreuung auskommen müssen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gab im vergangenen Jahr nach internationalen Studien à la PISA wieder offen zu, daß »in keinem anderen Industriestaat die sozio-ökonomische Herkunft so sehr über den Schulerfolg und die Bildungschancen« entscheidet wie in Deutschland – und die herrschende Politik scheint sich alle Mühe zu geben, die Auslese zu vervollkommnen.

Doch es regt sich Widerstand, und für ihn könnte 2007 ein entscheidendes Jahr werden. Mit Unterstützung der Gewerkschaften wird es weitere Studiengebührenboykotte geben. In Hessen wird zusätzlich eine Verfassungsklage vorbereitet, nachdem die Landesregierung, unbeeindruckt von der hessischen Verfassungsgarantie einer unentgeltlichen Hochschulbildung, die Campusmaut beschlossen hat.

Doch vor allem richten sich Hoffnungen auf drei Termine im Mai und Juni. Vom 4. bis 6. Mai wollen sich PDS- und WASG- sowie unabhängige Hochschulgruppen in Frankfurt am Main zu einem neuen bundesweiten Studierendenverband zusammenschließen, um der studentischen Linken wieder eine vernehmbare Stimme zu verleihen. Dies geschieht auch mit Blick auf die bevorstehende Gründung der neuen Linkspartei, die auf einem Parteitag am 16. Juni besiegelt werden soll. Es »ist nicht garantiert«, warnt Jonas Rest vom »Die Linke«-Hochschulgruppennetzwerk, daß die neue Partei »im Gegensatz zu den Grünen ihren emanzipatorischen und progressiven Charakter behalten wird«. Bei aller Skepsis wäre jedoch ein Abwarten, wie sich die Partei entwickelt, die falsche Antwort – denn dies wird allein »von den Kräften abhängen, die sich in sie einbringen.« (Siehe Seite 8)

Eine Bewährungsprobe von internationaler Bedeutung haben diese »Kräfte« vom 6. bis 8. Juni zu bestehen – an diesen Tagen empfängt Kanzlerin Merkel die Staatschefs der mächtigsten Industrienationen zum G-8-Gipfel im Ostseebad Heiligendamm. Mehrere zehntausend Demonstranten aus dem In- und Ausland werden erwartet, organisiert von einem breiten Spektrum globalisierungskritischer Organisationen; 16000 Polizisten und ein 13 Kilometer langer Absperrzaun sollen den elitären Club schützen. Während es ein fatales Signal wäre, wenn sich die Proteste halbherzig gestalteten, könnte ein gelungenes Zusammenspiel aus Demonstrationen, Blockaden und kreativen Gegenaktionen die Linke in Deutschland einigen und stärken. Da Studierende in der G-8-Protestbewegung eine entscheidende Kraft sind, kommt ihnen dabei eine besondere Verantwortung zu. Und wenn es ihnen gelingt, den Geist dieser Bewegung aus Heiligendamm in die Hochschulen zu tragen, haben sie gute Voraussetzungen, um diese als öffentliche Orte der Wissenschaft und der Kritik zu verteidigen und ihre Umwandlung in exklusive Agenturen der Konzernwirtschaft zu verhindern.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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