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Aus: schule & uni, Beilage der jW vom 11.05.2011

Eliten-Bildung

Schul- und Hochschulpolitik aus dem Elfenbeinturm – und was Gewerkschaften, kritische Lehrerinnen und Lehrer sowie Studierendenvertreter dazu sagen
Von Claudia Wangerin
Protest gegen Leistungs- und Kostendruck während des bundesweite
Protest gegen Leistungs- und Kostendruck während des bundesweiten Bildungsstreiks im Sommer 2009

Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgerufene Bildungsrepublik treibt seltsame Blüten: Ein Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder und Jugendliche, deren Familien auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind, stellt diese zunächst mal vor bürokratische Hürden. Weil die Leistungen nur zögerlich beantragt werden, ließ der erste FDP-Politiker, der nach Sanktionen schrie, nicht lange auf sich warten: »Wenn sich nachweislich Eltern nicht darum kümmern, daß ihre Kinder z.B. dringend notwendige Nachhilfe erhalten, müssen sie da sanktioniert werden, wo es ihnen am meisten wehtut. Dann müssen ihnen die Regelsätze gekürzt werden«, verlangte der Berliner FDP-Landes- und Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer in einem Interview. Dabei ist allgemein bekannt, daß in Amtsdeutsch verfaßte Formulare sogar Menschen zur Verzweiflung treiben, die die deutsche Sprache von klein auf sprechen und zum Teil sogar Berufe ausüben, in denen differenzierte Deutschkenntnisse wichtig sind. Statt die Verfasser solcher Formulare aufs Goethe-Institut zu schicken oder schlicht mehr Geld in Schulen und Kitas fließen zu lassen, wollen angeblich nur um das Kindeswohl besorgte Liberale Familien die Butter vom Brot nehmen, die mit der Bürokratie überfordert sind. Auch SPD-Politiker lassen sich nicht lumpen, wenn es darum geht, »Problemfamilien« erst mal noch ärmer zu machen: So fordert Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner Schulversäumnisse konsequenter verfolgen, bis hin zur Erhebung von Bußgeldern. Die Bildungsverwaltung der Hauptstadt will mit den Bezirken prüfen, ob nicht nur die Eltern, sondern auch Schüler ab 14 Jahren zu Bußgeldzahlungen verpflichtet werden können, wenn sie schwänzen.

Wichtige schulische Weichen für den späteren Lebensweg werden in der BRD generell in einem Alter gestellt, in dem Kinder noch nicht strafmündig sind, weil die Gesetzgebung davon ausgeht, daß sie die Konseqenzen ihres Handelns noch nicht vollständig überblicken können. Für einen Durchhänger in der Schule werden sie aber unter Umständen noch Jahre später bestraft. Ein selektives Schulsystem und die von der Grundschule an praktizierte Leistungsbewertung durch Noten machen es möglich. Ein Umdenken fordern hier zum Beispiel die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie eine kritische Grundschullehrerin aus Bayern, die ihre Erfahrungen in Buchform verarbeitet hat. Vom aktuellen Status quo profitieren vor allem die Anbieter privater Nachhilfestunden.

So erscheint es schon als dickes Privileg, das Abitur erst einmal zu haben. Doch auch danach geht die Einteilung in Masse und Elite weiter. Durch den doppelten Abiturjahrgang und die Aussetzung der Wehrpflicht werden sich in diesem Jahr die bestehenden Probleme an den Hochschulen verschärfen. Für Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) ist die Bologna-Reform mit ihren Bachelor- und Masterstudiengängen nach wie vor ein Erfolgsmodell. Auf der Zweiten Nationalen Bologna-Konferenz am 6.Mai in Berlin machte Schavan die Studierenden und deren geringe Mobilität für die Schwierigkeiten beim Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium verantwortlich. Tatsächlich sind viele Studienanfänger gezwungen, auch die Wohn- und Lebenshaltungskosten in den verschiedenen Städten zu vergleichen, damit die Arbeit neben dem Studium nicht zu viel Zeit und Energie kostet.

Mit dem Auslaufen der klassischen Diplom- und Magisterstudiengänge droht vielen die Zwangsexmatrikulation, die ihre Zwischenprüfung noch nicht abgelegt haben. Der häufigste Grund für lange Studienzeiten – die Arbeit zur Finanzierung des Studiums – ist aber an deutschen Hochschulen noch lange kein anerkannter Grund für einen Härtefallantrag. Studierendenvertreter fordern deshalb die Aufhebung der Auslaufordnungen – und für Bachelorabsolventen den Rechtsanspruch auf einen Masterstudienplatz. Diese und andere kritische Stimmen kommen in dieser Beilage zu Wort.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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