Die Lust an Text und Bild
Von René HamannZum Glück haben wir einen wie ihn. Das Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, zu der ja auch diese Beilage erscheint, ist Island. Und wer kennt sich besser mit diesem unwirtlichen Eiland voller Geröll und klimabedingt erkalteter Lava aus als Wolfgang Müller? Er hat, dies also vorab, sich in Text, hier aber hauptsächlich Bild, mit der eisigen Insel im Nordwesten Europas beschäftigt. Wir freuen uns sehr darüber, hier eine kleine Auswahl seiner Dias vom Alltag auf der Insel von Björk, Sigur Rós oder den Ost-West-Gipfeln von Gorbatschow und Reagan, präsentieren zu dürfen.
Aber es gibt nicht nur Gestein, Felsen, Ufer und die Menschen dort, es gibt natürlich auch Bücher aus Island. Reichlich Bücher, wie es scheint. Denn pünktlich zum Anlaß der Buchmesse hat sich natürlich kein Verlag lumpen lassen, irgendwas aus dem Isländischen ins Deutsche zu übertragen und auf der Messe vorzustellen. Wir haben einiges davon lesen lassen. Von unseren Profilesern. Mehr dazu auf den folgenden Seiten.
Worum geht es bei einem solchen Extra? Natürlich darum zu zeigen, was in erster Linie zur Zeit lesenswert ist. Was wichtig, was diskursrelevant, was politisch korrekt (korrekt vielleicht eher so im Straßenslangsinn), was einfach gut ist. Und natürlich, was nicht so gut, eher zu vermeiden, was interessant, was nicht so interessant, was vielleicht bahnbrechend, was vielleicht nicht so bahnbrechend ist. Dabei geht es weniger darum, was jetzt hier Underground und was Mainstream sein könnte – Bücher sind in der Regel sowieso eher »underground«, verglichen mit den anderen Massenmedien, die längst die Macht innehaben, und der Mainstream in Sachen Belletristik sieht auch ganz anders aus, als es Feuilletonisten und ihre Leser gemeinhin wahrhaben wollen – man setze sich nur einmal in ein Nahverkehrsmittel, in Bus oder U-Bahn und schaue darauf, was die anderen so als Reiselektüre dabei haben, in was sie so ihre Nasen stecken. Das ist meist schlimmes Zeug, oft mit marktschreierischen Buchcovern, ebensolchen Titeln, und meist auch ziemlich dick. Muß ja für ein paar Fahrten halten, so eine Schwarte.
Lassen wir also die Nahreiselektüren beiseite und schauen, was wirklich gute Bücher sein können. Oder zumindest sein könnten. Auf den folgenden Seiten wird sich da wohl einiges finden lassen, politisch angehauchtes, gerade irgendwie Angesagtes, Fragwürdiges, Aufmunterndes, Schwieriges. Für jede und jeden etwas. Nicht nur aus Island.
Zu den Fotos in diesem extra »literatur«:
Wolfgang Müller, geb. 1957, ist einziges noch lebendes Dauerschleifgetriebe der Westberliner Avantgardeband »Die Tödliche Doris«. Nach der Auflösung der Band und einer Einladung nach Reykjavík durch den Multimediakünstler Magnús Pálsson im Jahr 1990 wandte er sich dem Thema Island zu. Island aus Fremd- und Eigenperspektive, Island als Material und Projektionsfläche. Island als geologisches, soziologisches und politisches Phänomen. Jährlich hält sich Wolfgang Müller einige Zeit im Land auf und hat zahlreiche Freundschaften geknüpft. Seine bei Recherchen entstandenen Fotos sind Skizzen, in deren Motiven, Brüchen und Irritationen sich mögliche (Aus-)Wege jenseits eines allzu vereindeutigtem, stereotypem Islandbildes finden lassen.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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