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Aus: bildung, Beilage der jW vom 15.05.2013

Hochschulmiserabilität

Allen Belobigungen zum Trotz ist die Situation der akademischen Landschaft nicht zum Feiern. Immer mehr prekäre Beschäftigung. Private Institute breiten sich aus
Von Daniel Bratanovic
Bild 1

Insgesamt 28 private Hochschulen zählt die Stadt Berlin. Etwa 14800 Studenten sind dort eingeschrieben. Das ist jeder elfte der insgesamt 160000 Studenten in der Stadt. Fast alle Gründungen ereigneten sich im letzten Jahrzehnt und sind Resultat der Bachelorreform. Ausgebildet werden dort Manager und Medizinpädagogen, Mode- und Medienmacher.

Der private Bildungssektor weitet sich mit Rasanz aus, der staatliche zieht sich langsam aber sicher zurück. Alles, was nicht der absehbaren Verwertbarkeit unterliegt, gerät auf den Prüfstand. Sogenannte Orchideenfächer erscheinen überflüssig. An der Berliner Humboldt-Universität etwa soll die Japanologie dichtgemacht, in Trier droht die Kunstgeschichte auf ein Minimum zusammengedampft zu werden. Schritt für Schritt führt die Bildungspolitik den Begriff Universität ad absurdum. Das frühere bildungsbürgerliche Ideal, die Gesamtheit des Wissens abzudecken, ist der Konzentration auf vereinzelte Spezialgebiete gewichen. Partikularität statt Universalität.

Dies geschieht in der verlautbarten Absicht, Deutschland im Wissenschaftswettbewerb mit anderen Staaten fit zu halten. Das Mittel der Wahl ist die Exzellenzinitiative, ein Bund-Länder-Programm zur Förderung von »Spitzenforschung«, mit der Folge, daß die knappen Hochschulmittel bei den wenigen »exzellenten« Universitäten konzentriert, in der restlichen Hochschullandschaft indessen ausgedünnt werden. Am Ende der weiteren Umsetzung dieses Programms könnte ein akademisches Dreiklassenwesen stehen (Seiten 2/3).

Vor dem skizzierten Hintergrund muß die Ankündigung, mit dem »Hochschulpakt 2020« soviel Geld für Bildung auszugeben wie nie zuvor, mit Fragezeichen versehen werden, wenn es nur in bestimmte Bereiche fließen wird. Außerdem: Ist angesichts steigender Studierendenzahlen überhaupt von einer besseren finanziellen Situation pro Student zu sprechen? Antworten auf Seite 8.

Von fürstlichen Bedingungen ist auch der akademische Nachwuchs weit entfernt. Arbeitsplätze an Universitäten gehören zu den prekärsten in ganz Deutschland. Befristete Verträge und mittlerweile unbezahlte oder bestenfalls miserabel entlohnte Lehraufträge beherrschen hier das Bild. (Seite 5) Daß die Situation im Nachbarland Österreich ähnlich verkorkst ist, weiß Barbara Blaha aus Salzburg auf Seite 6 zu berichten.Wer sich dort auf eine wissenschaftliche Karriere einläßt, betreibt ein Hasadeurspiel und benötigt eine hohe Frustrationstoleranz. Die Doktorarbeit verkommt unter den bestehenden Arbeitsbedingungen zur Nebensache.

Apropos Arbeitsbedingungen: In Dänemark erfolgt derzeit ein Angriff der Kommunen auf die Tarifverträge der Angestellten im öffentlichen Dienst. Ein erstes Exempel wurde an den Lehrern statuiert. Vier Wochen Aussperrung sollten den Widerstand der Lehrer gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen brechen. Für das dänische Bildungswesen sicherlich nicht zum Guten (Seite 7).

Bedingungen wie im Knast herrschen an deutschen Hochschulen sicherlich nicht. Ob deren Ausstattung, zumindest die der abgehängten, die keine »Spitzenforschung« betreiben können, sich aber den Gefängnissen annähert, sei dahingestellt. Jedenfalls haben im April rund siebzig Jurastudenten und Professoren die alte und stillgelegte Justizvollzugsanstalt Oldenburg besucht, um sich, wie die Nachrichtenagentur dpa schreibt, »einen Eindruck vom Gefängnisleben zu verschaffen«. Die Illustration der vorliegenden Beilage erfolgt mit den Bildern dieser Knastvisite und darf als Bildmetapher der Miserabilität an deutschen Hochschulen verstanden werden.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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