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Aus: Roter Oktober, Beilage der jW vom 01.11.2017
Oktoberrevolution

Das Seltene in der Geschichte

Die Oktoberrevolution lieferte den Beweis in der Praxis: Der Bruch mit Krieg und Imperialismus ist möglich. Das ist nicht vergessen
Von Arnold Schölzel
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Normal, heißt es in Ernst Blochs »Prinzip Hoffnung«, »denkt man, ist es doch, oder müsste es sein, dass sich Millionen nicht durch Jahrtausende von einer Handvoll Oberschicht beherrschen, ausbeuten, enterben lassen. Normal ist, dass eine so ungeheure Mehrheit es sich nicht gefallen lässt, Verdammte dieser Erde zu sein. Statt dessen ist gerade das Erwachen dieser Mehrheit das ganz und gar Ungewöhnliche, das Seltene in der Geschichte. Auf tausend Kriege kommen nicht zehn Revolutionen; so schwer ist der aufrechte Gang.«

Beides, die ungezählten Kriege und die wenigen Revolutionen, lässt sich ergänzen, prägt aber die Geschichte. Und letztere vielleicht mehr als jene. Auf die Oktoberrevolution trifft das zu. Die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts hatten ihre Wurzeln im imperialistischen Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Die Oktoberrevolution löste Russland aus dem Gemetzel, aus dem Gesellschaftssystem und insofern aus der bisherigen Geschichte. Sie war eine Friedensbewegung mit erstmals weltweiter Resonanz. Seitdem, sollte Brecht zu ihrem 20. Jahrestag schreiben, »hat die Welt ihre Hoffnung«. Sie setzte dem dominierenden Antihumanismus die Ideen des Friedens, des wirtschaftlichen Aufbaus, einer unmittelbar von den Volksmassen getragenen Staatsmacht, des Sozialismus entgegen. Den Kolonien und Halbkolonien liefert sie den Beweis, dass Veränderung möglich ist. Mit ihr begann deren Selbstbefreiung, der Aufstieg Chinas zur Weltmacht ist eine direkte Folge des Aufstands in Petrograd.

Zugleich war die Oktoberrevolution auch der Beginn einer ersten, frühen Phase eines nun 100 Jahre dauernden, ständigen Kampfes mit einem mächtigen, überlegenen Gegner. Sie endete mit dem Fall der Sowjetunion. Seitdem befindet sich die Welt in einer zweiten Phase, in der sich die Frage Sozialismus oder Barbarei noch ganz anders stellt als 1917 vorstellbar. Angesichts der Tatsache, dass der heutige Imperialismus erneut mit dem atomaren Weltkrieg spielt, sind der Kampf um Frieden und der um Demokratie unmittelbar Überlebensfragen der Menschheit.

Die jahrzehntelange Existenz der sozialistischen Länder ist nicht vergessen. Die ständigen Attacken gegen die vor 27 Jahren verschwundene DDR in Medien und Politik der Bundesrepublik belegen das auf ihre Weise. Viele sozialpolitische Fortschritte, die im Kapitalismus erkämpft wurden, hatten die Nachbarschaft des realen Sozialismus zur Voraussetzung. Auch das gehört zu dem weltpolitischen Impuls, der von der Oktoberrevolution ausging. Sie war »normsetzend für soziale und geschichtliche Wertvorstellungen« (Hans Heinz Holz). Die herrschenden Klassen der imperialistischen Länder traten 1991 an, um diese Errungenschaften ebenso zu beseitigen wie die Befreiung vom Kolonialismus.

Der Schriftsteller Karl Kraus schrieb 1920 über den Kommunismus: »Der Teufel hole seine Praxis, aber Gott erhalte ihn uns als konstante Drohung über den Häuptern jener, so da Güter besitzen (…). Gott erhalte ihn uns, damit dieses Gesindel, das schon nicht mehr ein und aus weiß vor Frechheit, nicht noch frecher werde, damit die Gesellschaft der ausschließlich Genussberechtigten, die da glaubt, dass die ihr botmäßige Menschheit genug der Liebe habe, wenn sie von ihnen die Syphilis bekommt, wenigstens doch auch mit einem Alpdruck zu Bette gehe!«

Es gilt, diesen Druck zu verstärken. Und das geschieht bereits, wenn auch nicht durch große Bewegungen in den kapitalistischen Zentren. Der Westen hat seit 1991 permanent terroristische Kriege angezettelt, gewinnt sie aber faktisch nicht. Die Herausbildung einer multipolaren Welt trägt längst revolutionäre Züge, in Asien, Afrika und Lateinamerika greift das Bewusstsein davon um sich. Die Oktoberrevolution bleibt ein Beispiel.

Die Illustrationen dieser Beilage entnahmen wir mit freundlicher Genehmigung des Archivs Metzger dem Bildband »Die UdSSR baut den Sozialismus«, der 1933 in vier Sprachen bei Isogis in Moskau erschien. Das Buch wurde von einem Redaktionskollektiv erarbeitet und von El Lissitzky gestaltet

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