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Aus: Marx in Afrika, Beilage der jW vom 04.08.2021
Afrika und der Westen

Was von der Befreiung bleibt

Antikolonialer Kampf und Neoliberalismus: Afrika hat viel erreicht und verliert dennoch
Von Ina Sembdner
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»Hau ab!«: Sowjetisches Poster mit klarer Ansage an Ausbeuter und Kolonialmächte (Moskau, 1.11.1963)

Eine der Folgen von transnationalem Sklavenhandel, Kolonialismus und damit einhergehendem Rassismus ist die immer noch verbreitete Sicht auf den Kontinent Afrika als eine homogene Entität. Homogen ist jedoch einzig das wiederkehrende Muster von Ausbeutung, westlicher Militärintervention und korruptiver Einflussnahme auf die 55 afrikanischen Staaten (einschließlich der nur teilweise international anerkannten Westsahara). Im vergangenen »Afrikanischen Jahr« konnten gleich 18 ehemalige Kolonien den 60. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit feiern. Als damals und in den Folgejahren die formalen kolonialen Fesseln abfielen, schwangen sich in marxistischer Theorie geschulte Politiker auf, ihre Länder in eine tatsächlich unabhängige sozialistische Zukunft zu führen. Die Bildserie dieser Beilage illustriert Länder und Bewegungen auf diesem Weg.

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten panafrikanische Theoretiker wie Edward Wilmot Blyden die theoretische Grundlage für einen emanzipatorischen Kampf aller Menschen afrikanischer Herkunft gelegt. Was daraus folgte und wie dieses Bestreben niedergeschlagen wurde, berichtet Simon Loidl in seinem Text »Suche nach Gemeinsamkeit«. Mit der Ermordung Muammar Al-Ghaddafis 2011 ist vorerst die letzte gewichtige Stimme des Panafrikanismus beseitigt worden. Unterstützung ohne Einmischung ist dagegen das Motto Chinas gegenüber dem afrikanischen Kontinent, wie Jörg Kronauer in seinem Artikel »Ebenso alt wie geschmacklos« ausführt. Während der Westen mit schwerem Geschütz auffährt und davor warnt, dass die Volksrepublik »Afrikas Kolonialherr des 21. Jahrhunderts« werde, konzentriert sich Beijing darauf – nicht ohne Eigennutz, aber eben nicht nur –, mit günstigen Krediten den Infrastrukturausbau zu befördern und letztlich eine komplexere eigene industrielle Produktion zu ermöglichen.

Diese Basis – wenn auch auf die weiße Minderheit ausgerichtet – war im Apartheidstaat Südafrika eigentlich gegeben, als sich der ANC mit den ersten freien Wahlen 1994 vom Rassistenregime befreite. Die nunmehr »ausgehöhlten Staatsbetriebe«, von denen Christian Selz schreibt, sind demnach das Ergebnis von Misswirtschaft und Korruptionsskandalen. Sie rühren jedoch nicht von einem Versäumnis staatlicher Lenkung her, sondern von einer Privatisierung durch die Hintertür – forciert durch Weltbank und IWF. Davor gewarnt haben stets die Kommunisten der SACP; stark genug, um wirklich Einfluss zu üben sind sie leider nicht. Anders das kleine ­marxistisch regierte Eritrea. Im Krieg Äthiopiens gegen die Tigrayische Befreiungsfront (TPLF) entsandte auch Asmara Truppen, um gegen die einstigen Verbündeten zu kämpfen. Die eritreische Perspektive auf diese Auseinandersetzung, in der vieles unklar ist und die Propagandamaschine auf allen Seiten läuft, versuchen Dirk Vogelsang und Fithawie Habte in ihrem Text »Ein Konflikt nachkolonialer Natur« wiederzugeben.

Knapp 50 Prozent der afrikanischen Bevölkerung rechnen sich dem islamischen Glauben zu. Seine stärkste Ausbreitung hat der Islam im Norden des Kontinents bis in die zentralafrikanischen Länder. Wie Sabine Kebir erläutert, kam es zu einer »Renaissance der Religion« – auch in ihrer radikalen Ausprägung. Ein Grund dafür war, dass Ansätze sozialistischen Wirtschaftens schon vor dem Zusammenbruch des Ostblocks aufgegeben werden mussten. Dadurch sei es nicht gelungen, dem Neoliberalismus etwas entgegenzusetzen; »Almosen« aus den Golfstaaten, die die neokolonialen Interessen des Westens teilten, waren damit Tür und Tor geöffnet. Den sich ausbreitenden (und teils vom Westen aufgebauten) gewaltsam vorgehenden Dschihadismus nehmen Frankreich und Co. als willkommenen Anlass, sich trotz formellen Endes der Kolonialisierung dauerhaft als »Schutzmacht« vor Ort zu gerieren.

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