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Aus: Grundrechte verteidigen, Beilage der jW vom 29.06.2024
Staat gegen junge Welt

Werbeverbote und verweigerte Auskünfte

Wie Verfassungsschutz und Bundesregierung ganz gezielt freie Pressearbeit behindern
Von Nick Brauns

Die Bundesregierung gibt zu, der Tageszeitung junge Welt durch Nennung im Verfassungsschutzbericht den »Nährboden entziehen« zu wollen. Wie viele Interessenten sich durch die Geheimdienstaktivitäten von einem Abonnement oder einer Mitgliedschaft in der Genossenschaft abhalten lassen, kann nur vermutet werden. Nachweisen kann man jedoch eine lange Reihe von Nachteilen sowohl ökonomischer Art als auch bei der journalistischen Arbeit. Im folgenden sind nur einige Beispiele aus den vergangenen Jahren aufgelistet.

Um Käufer und Abonnenten zu gewinnen und ihre wirtschaftliche Basis zu festigen, steigert die junge Welt (wie andere Presseerzeugnisse auch) ihre Bekanntheit durch kommerzielle Werbung. Doch im öffentlichen Nahverkehr etwa in Hamburg, Köln, Leipzig und Bremen wird ihr seit Jahren das Schalten von bezahlter Werbung verweigert, ebenso bundesweit in Bahnhöfen und Zügen der Deutschen Bahn AG. Selbst Werbetafeln dritter Anbieter, die auf dem Gelände der DB stehen, dürfen nicht für jW-Werbung gemietet werden – immer mit Verweis auf die Nennung der Zeitung im Verfassungsschutzbericht. Im Frühjahr 2022 stoppte der öffentlich-rechtliche Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) mitten in einer laufenden crossmedial angelegten Werbekampagne für den Kioskverkauf die Ausstrahlung eines bezahlten jW-Radiowerbespots mit der Begründung, dass »sich die jW in einem Rechtsstreit über die Zulässigkeit der Nennung im Verfassungsschutzbericht« befände. Zuvor musste der Werbespot bereits mehrfach auf Geheiß des Senders angepasst werden. Ausgerechnet eine jW-Serie zum 70. Jahrestag des Grundgesetzes durfte 2019 an der Goethe-Universität Frankfurt am Main nicht beworben werden. Aufgrund der Nennung im Verfassungsschutzbericht bestünden »erhebliche Zweifel« daran, dass die junge Welt und darin publizierende Autoren »auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen«, hieß es in der Ablehnung.

In verschiedenen Stadtbibliotheken wurde der Zugang zur Website der jungen Welt gesperrt. In München lud man die dortige jW-Leserinitiative im August 2023 vom Zamanand-Festival für »Nachhaltigkeit, Vielfältigkeit und Toleranz« unter Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wieder aus – wegen der Nennung der Zeitung im Verfassungsschutzbericht.

Auch die redaktionelle Arbeit wird behindert. So stellt das Fotoarchiv einer überregionalen Tageszeitung, mit dem es zuvor eine jahrelange Zusammenarbeit gab, der jW seit 2021 unter Verweis auf die Nennung im Geheimdienstbericht keine Bilder mehr gegen Bezahlung zur Verfügung. Immer wieder werden deswegen jW-Journalisten Interviews oder Auskünfte verweigert. So lehnte das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln die Beantwortung einer Presseanfrage ab, und die AWO in Brandenburg erklärte gegenüber einer Journalistin, jW grundsätzlich keine Interviews zu geben. Ein Interviewpartner verlangte unter Einschaltung seines Anwalts gar die nachträgliche Löschung des Gesprächs. Er habe erst im nachhinein erfahren, dass die Zeitung unter Beobachtung stehe und befürchte nun, womöglich mit verfassungsfeindlichen Inhalten in Verbindung gebracht zu ­werden.

Selbst Dritte sind von Einschränkungen betroffen. Veranstaltern werden öffentliche Räumlichkeiten verweigert mit dem Hinweis, dass die junge Welt Medien­partner sei oder ein jW-Redakteur als Referent angekündigt wurde. Eine Esslinger Druckerei lehnte die Herstellung einer Tierrechtszeitschrift wegen einer darin geschalteten jW-Anzeige ab.

Als der Schriftsteller und ehemalige Kulturminister Kubas, Abel ­Prieto, im Januar 2019 die Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin besuchte, hatte der Sender ARD mit der kubanischen Botschaft ein Interview vereinbart. Dieses kam dann doch nicht zustande. Den Zuschauern müsste man sonst mitteilen, dass Prieto auf Einladung der Tageszeitung jungen Welt in Deutschland weilte, so die Begründung der Absage durch den Sender gegenüber der Botschaft.

Schließlich steht die junge Welt in verschiedenen Gefängnissen auf dem Index und darf nicht an die Gefangenen ausgehändigt oder im Gemeinschaftsraum ausgelegt werden.

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