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Aus: Krieg und Frieden, Beilage der jW vom 28.08.2024
Zerstörung der Natur

Krieg als Klimakiller

Würden die weltweiten Militärbudgets für die Anpassung an den Klimawandel ausgegeben, wäre das Problem bald aus der Welt geschafft
Von Wolfgang Pomrehn
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Der Tod lauert an Land und im Wasser: Dieses Wandgemälde stellt die Gefahren für die Zivilbevölkerung während des Bürgerkriegs von 1991 bis 2002 in Sierra Leone dar (Kailahun, 23.4.2012)

Militär und Krieg sind nicht nur eine Beleidigung der Vernunft und eine Tragödie für das Zusammenleben auf unserem kleinen, an Problemen nicht armen Planeten. Sie sind auch eine ungeheure Verschwendung von Ressourcen und eine gewaltige Belastung für die Umwelt. 2.443 Milliarden US-Dollar (2,219 Billionen Euro) wurden 2023 weltweit für Rüstung, Militärapparate und Kriege ausgegeben, schreibt das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) in seinem Jahresbericht 2024. Grob geschätzt wurden davon 1,3 Billionen Euro von den USA und ihren Verbündeten aufgebracht. Würde diese Summe jährlich für die Anpassung an den Klimawandel und zur Verhinderung der weiteren Erhitzung des Planeten aufgewendet, so wäre das Problem binnen weniger Jahrzehnte aus der Welt geschafft – und vermutlich zugleich auch noch Armut und Hunger.

Davon abgesehen tragen auch die Militärapparate direkt zum Problem bei, wenn auch nicht in so großem Umfang, wie manchmal angenommen. Die Bundesregierung schreibt in ihren Klimaberichten an die UNO von jährlich 282.000 bis 482.000 Tonnen CO2-Äquivalenten für den Zeitraum 2018 bis 2020. Allerdings sind dabei nur inländische Emissionen berücksichtigt. Eine vom britischen Thinktank Common Wealth gemeinsam mit dem US-amerikanischen Climate and Community Project durchgeführte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das britische und das US-amerikanische Militär zwischen 2015 und 2022 rund 474 Millionen Tonnen CO2 verursacht haben. Das wären rund 70 Prozent der deutschen Treibhausgasproduktion im Jahr 2023. Da sich die Militäremissionen aber über acht Jahre verteilen, sind sie im Vergleich also nicht exorbitant groß, aber auch nicht gerade zu vernachlässigen. Allerdings handelt es sich um eine eher vorsichtige Abschätzung, unter anderem weil nicht alle Daten zur Verfügung standen und die Emissionen der Rüstungsindustrie nicht mit einbezogen werden konnten. Für den Schaden, den eine Tonne CO2 anrichtet, setzte die Studie 234 US-Dollar an und kommt damit zu dem Schluss, dass die USA und Großbritannien den Ländern des Südens 111 Milliarden US-Dollar (101 Milliarden Euro) an Kompensation schulden.

Derweil schaden Militär und Kriege nicht nur dem Klima, sondern verseuchen zum Beispiel Landschaften durch Atombombenversuche, wie sie die USA auf dem Bikini-Atoll oder Frankreich in Algerien oder unter dem Muroroa-Atoll unternommen haben. Auch die zahllosen Militärstützpunkte, die vor allem die USA, aber auch Großbritannien und Frankreich in aller Welt unterhalten (zusammen sind das rund 900), sind oft mit enormen Umweltzerstörungen verbunden. In der Nachbarschaft des US-Stützpunktes Vieques auf Puerto Rico führte zum Beispiel jahrzehntelange Verschmutzung der Umwelt mit Chemikalien bei den Anwohnern zu einem Anstieg der Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen, wie die britische Zeitung ­Guardian berichtet.

Manchmal wird auch die Bevölkerung für die Stützpunkte vertrieben, so dass keiner mitbekommt, was die Militärs treiben und wo sie ihre nicht selten giftigen Abfälle lassen. So geschehen etwa auf der Insel Die­go Garcia im Indischen Ozean, die Großbritannien seit den 1970ern an die USA verpachtet hat, nachdem die örtliche Bevölkerung zwangsweise umgesiedelt wurde. Auf der japanischen Insel Okinawa, wo die USA rund 30.000 Soldaten unmittelbar vor der chinesischen Küste stationiert haben, ist es nicht ganz so einfach. Dort wehrt sich die Bevölkerung schon seit mehr als zwei Jahrzehnten gegen einen neuen Stützpunkt, der unter anderem wichtige Korallenriffe zerstören würde.

Besonders schlimm sind für die Natur die Auswirkungen von heißen Kriegen. Als im Juni 2023 in der Ukraine der Kachowka­damm am Dnepr gesprengt wurde – woran sich seinerzeit die Konfliktparteien gegenseitig die Schuld gaben – kam es am Unterlauf zu weitreichenden Überschwemmungen. Betroffen waren auch allerlei Fabriken, Tankstellen, Müllhalden, Kläranlagen und ähnliches, so dass sich ein wahrer Giftcocktail ergab. Ob der allerdings mit den Hinterlassenschaften der US- und NATO-Kriege auf dem Balkan und im Irak – an letzterem beteiligte sich auch die Ukraine – mithalten kann, ist fraglich. Truppen Großbritanniens und vor allem der USA verschossen dort in großem Umfang Munition verschiedenen Kalibers, die mit abgereichertem Uran ummantelt war. Dies ist zwar nur relativ schwach radioaktiv, verteilt sich jedoch beim Aufprall sehr fein und kann daher eingeatmet werden. Entsprechend haben im Irak die Krebsraten nach dem Krieg zugenommen. Der katarische Sender Al-Dschasira berichtet, dass dortige Ärzte die Hinterlassenschaften der neuartigen Munition mit Missbildungen von Neugeborenen und einer Reihe neu auftretender Erkrankungen der inneren Organe und des Immunsystems in Verbindung bringen.

Das alles ist jedoch nichts im Vergleich zu einem nuklearen Winter, den ein Atomkrieg auslösen könnte. Neuere Studien zeigen, dass schon ein begrenzter Schlagabtausch zwischen Indien und Pakistan die Temperaturen über weiten Teilen Eurasiens und Nordamerika für mindestens ein Jahr um zehn Grad und mehr absenken würde, mit den entsprechend katastrophalen Folgen für die Welternährung. Ein nuklearer Krieg zwischen der NATO und Russland hätte noch weitreichendere Folgen: Die großen Mengen bis in die Stratosphäre aufgewirbelten Staubs würden das Sonnenlicht so weit abschirmen, dass auch im Sommer die Temperaturen nicht über null Grad Celsius stiegen. Das würde die Erde für mehrere Jahre zu einem Eisplaneten machen.

Wolfgang Pomrehn ist Geophysiker und Journalist. Er beschäftigt sich seit über 35 Jahren mit
der Klimakrise und dem Widerstand gegen eine verfehlte Energiepolitik

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