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10.02.2009, 20:31:14 / Feria 2009

Auf Sendung

Von Peter Steiniger

Da sind wir wieder - direkt aus Havanna, »live und in Farbe«. Noch ist die Verbindung etwas wacklig. Der einzig freie Computer in der Lobby des Colina-Hotels, gleich neben der Universität von Havanna gelegen, ist natürlich auch der ohne funktionierende Verbindung mit dem Internet. Also heißt es warten, warten, warten. Dann ist es endlich soweit für einen ersten Nachtrag für diesen Blog.
Der Weg zum Sozialismus ist bekanntlich weit und beschwerlich. Am Sonntag morgen trudeln wir mit Sack und Pack auf dem Flughafen Berlin-Tegel ein. Via Paris soll es mit Air France über den großen Teich gehen. Dort holt uns noch einmal der Winter ein. Die Landschaft um die Stadt an der Seine zeigt sich schneebekrümelt. Der Jumbo-Jet hat es nicht eilig, von dort wegzukommen.
Gelegenheit für etwas Palaver in der Gruppe und den Austausch von Reiseerfahrungen. Späher werden ausgesandt, um die moderatesten Preise für Schokoriegel und Wasser zu erkunden. Die Raucher unter uns atmen noch einmal kräftig blauen Dunst durch, um eine Nikotinreserve für den Langstreckenflug aufzunehmen. Mit zweistündiger Verspätung heben wir dann ab.
Meterologische Beobachtung: Über dem gesamten Atlantik zeigt sich eine dicht geschlossene Wolkendecke, welche noch die kommenden zwei Wochen über Mitteleuropa ziehen dürfte.
In Havanna hat sich pünktlich mit unserer Ankunft die Kältewelle verabschiedet. Nur eine steife Brise erinnert noch an das, was man in der Karibik unter Winter versteht.
Für die Kuba-Neulinge unter uns ist der bunt zusammengewürfelte Fuhrpark, der über die Straßen braust, darunter die zahlreichen Ladas, MZ-Motorräder und die von der Mittelklasse der fünfziger Jahre zurückgelassenen amerikanischen Straßenkreuzer, die erste Attraktion. Ab und an rauscht ein Service-Fahrzeug der Telekommunikationsgesellschaft Etecsa vorbei. Diese soll mehr Autos als Telefone haben, meint der kubanische Volksmund.
Alt-Havanna, wo wir die nächsten beiden Wochen residieren werden, schmückt sich mit prächtigen Bauten aus seiner reichen kolonialen Epoche, perfekt restaurierte Gebäude und krasser Verfall sind dicht beeinander zu finden. Das kleine Hotel, in dem wir absteigen, liegt nahe dem Prado-Boulevard und erweist sich als recht komfortabel.
Der Zeitunterschied zu Deutschland beträgt volle sechs Stunden, doch einen Jet-Leg können wir uns nicht leisten. Am Montag morgen steht bereits ein erstes Gespräch mit der kubanischen Gesellschaft für Völkerfreundschaft, ICAP, auf dem Programm. Wir berichten über die Arbeit des Berliner Büro Buchmesse Havanna, die Situation in Deutschland, die Rolle von junge Welt und die deutsche Kuba-Solidaritätsbewegung. Wir sprechen über Möglichkeiten der Zusammenarbeit in den kommenden Tagen und in einer längerfristigen Perspektive.
Nach einem kleinen Stadtbummel durch das Vedado-Viertel beraten wir noch einmal detailliert die vor uns liegenden Aufgaben. Welche Veranstaltungen der Buchmesse – deren Anzahl ist immens, das Themenspektrum breit - sollten wir wahrnehmen, über was wollen wir hier berichten? Neben den rein literarischen Höhepunkten geht es auf der »Feria« auch um Politik, Geschichte, Wissenschaft und Kunst. Das diesjährige Ehrengastland Chile ist auf allen Gebieten hochkarätig vertreten. Einen Schwerpunkt in diesem Teil des Programms bildet die Ära der Unidad Popular unter dem 1973 von Reaktion und CIA totgeputschten Präsidenten Salvador Allende.
Dann folgt noch der obligatorische Gang zur Akkreditierung im Pressezentrum. Viele Fragen sind zu beantworten und organisatorische Punkte zu klären. Der Terminkalender füllt sich um weitere nützliche Einträge.
Nach einer ersten Besichtigung des Messegeländes beginnen wir heute mit der Gestaltung unserer Stände, holen Bücher, Materialien und Paletten voller Zeitungen aus den Lagerräumen. Wir wollen bereit sein, wenn es morgen los geht mit dem großen Kultur-Volksfest.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!