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20.02.2009, 20:03:34 / Feria 2009

Mein Tag: Spezialperiode

Von Peter Steiniger

Tag neun der Buchmesse. Wir stehen definitiv auf dem Schlauch. Die Tage am Stand sind lang, meine Mitstreitenden müssen dort tausend Fragen neugieriger Besucher beantworten. Kaum eine oder einer von uns hat noch Stimme. Die Nervenkostüme sind dünner geworden, manchmal reißen sie auf. Die anstrengenden Wege durch die Stadt, die Warterei, die vielen Termine und Besprechungen, die Zecherei. Erkältungen, Fieber und Montefidels Rache haben bereits die Runde gemacht.

Die Verständigung mit der Redaktion in Berlin beschränkt sich auf den E-Mail-Verkehr. Bei sechs Stunden Zeitunterschied ist das nicht immer ganz einfach. Dort hat man auch andere Sorgen, muß jeden Tag eine Zeitung machen und Havanna ist weit.

Hier, am Tischchen im Verschlag hinter dem Stand, in der provisorischen Redaktion für diesen Blog, bin ich von den Dingen, die auf der anderen Seite vor sich gehen, weitgehend abgeschnitten. Es gibt nur einen Laptop mit Anschluß an das Internet. Und an diesen kommen die anderen zu selten, um mal eine Nachricht nach Hause zu schicken, zu sehen, was in der Welt noch so passiert oder einfach, um unseren eigenen Havana Blog zu lesen. Steht da überhaupt etwas drin? Ist mein Beitrag schon veröffentlicht? Wie sieht er aus?

Manchmal steckt jemand den Kopf herein, der den Überblick hat, deshalb alles besser weiß und ohnehin immer recht hat. Die Gruppe findet schon längst, ich sollte mich mehr an ihr beteiligen und sie stärker in das einbeziehen, was ich hier tue. Wurde mir gesagt. Ich knipse mir also Zeit für die tägliche Batalla de ideas, unsere Besprechung über den Verlauf des Tages und weitere Planung ab. Zwanzig Minuten Fußwippen. Die Gruppe zieht ab, um sich das Konzert anzuhören. Ich tippe weiter, bis ich Reinigungskräfte und Sicherheitsleute nach dem fünften »nur noch ein kurzer Moment« nicht weiter vertrösten kann, und auch ich mich trollen muß.

In der lauen Abendluft, umgeben von fröhlichen und tanzenden Leuten, finden wir wieder zusammen, die Stimmung entspannt sich. Die Band spielt, der Ausblick von der Festungsmauer über die Bucht auf Havanna und den Malecón ist einzigartig. Und morgen ist wieder ein einzigartiger Tag.


Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

                                               Heute 8 Seiten extra – Beilage zum Thema: Weihnachten