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01.06.2007, 20:11:00 / G8-Blog

Kriegsstaat. Die G8 und die Grundrechte

Von Von Arnold Schölzel

Vor fünf Jahren erklärte der US-Präsident den völkerrechtswidrigen »präemptiven Krieg« zum natürlichen Bestandteil der westlichen Werteordnung und führte sofort den ersten gegen den Irak.

Die Invasion hat bisher nach einem Bericht der britischen Zeitschrift Lancet vom Oktober mehr als 600000 Irakern das Leben gekostet. George W. Bush und Anthony Blair gehören nicht nach Heiligendamm, sondern auf die Anklagebank eines Kriegsverbrechertribunals. Bis auf Rußland handelt es sich bei den übrigen Teilnehmern von G-8-Gipfeln um Vertreter von Vasallenstaaten, die nicht gefragt werden, sondern Unterstützung zu leisten haben. Sieben der acht sind in die Kriegsaktivitäten Washingtons eingebunden – einschließlich Entführung, Folter und Massakrierung der Zivilbevölkerung.

Die Auflösung jeder völkerrechtlichen Hemmung des Krieges, seiner »Einhegung«, ist das Markenzeichen der Epoche seit 1990 geworden. Die neue Bundesrepublik nimmt an dieser Liquidation mehr oder weniger hemmungslos teil. Der deutschen Teilnahme am Angriffskrieg auf Jugoslawien 1999 gab Gerhard Schröder drei Jahre später ihren Sinn mit seiner Antwort auf die Frage, worin seine größte politische Leistung bestehe: »In der Enttabuisierung des Militärischen.«

Die Entfesselung von Gewalt in den internationalen Beziehungen ist die Fortsetzung des neoliberalen Wahns, der Universalisierung des Konkurrenzprinzips, mit anderen Mitteln. Der Erosion des Völkerrechts, einer zivilisatorischen Errungenschaft der Neuzeit, entspricht die Umgestaltung des bürgerlichen Rechtsstaates in einen Präventivstaat. Er wird innenpolitische Voraussetzung der neuen Weltkriegsordnung in dem Maß, in dem z. B. die Mehrheit der Bevölkerung in der Bundesrepublik sich weigert, die Feldzüge der neusten Globalisierung zu unterstützen. Es kostet die Berliner Politik und die ihr angeschlossenen Medien unendliche Mühe, sie an Krieg und Kriegstote zu gewöhnen. G-8-Gipfel sind eine günstige Gelegenheit zu demonstrieren, wohin die Reise gehen soll. Die vorbeugende Einschüchterung erhielt in den letzten Wochen in der Bundesrepublik einen kräftigen Schub: Demonstrationsverbot, Bahnangestellte als Zuträger der Sicherheitsbehörden, Entzug von Journalistenakkreditierungen, bundesweite Razzien, Dutzende Haftrichter in Bereitschaft, kilometerlange Barrieren und mehrere Quadratkilometer große Bannmeilen – auf Grundrechte wird gepfiffen, wenn sie in Anspruch genommen werden sollen. Daß die Vorgaben auch noch von einer »fremden Macht« kamen, wie ein Gericht feststellte, belegt die Gesamttendenz: Die Herrschaften sehen sich im Krieg. In einem fortgeschritteneren Maß als an jenem 2. Juni 1967. Dementsprechend sieht ihr Staat aus.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!