Mit Helm und Stock: Schlagzeilenlieferanten
Von Peter SteinigerAm Tag danach eint Erschütterung über die gewalttätigen Zwischenfälle während der Rostocker Anti-G-8-Demonstration Behörden und Veranstalter. Das sollte sie nicht.
Wer sich die G8 als Symbolfiguren globaler kapitalistischer Ungerechtigkeit einlädt, lädt sich auch den Protest ein. Mit Razzien, Provokationen und Schikanen wurde über Monate von staatlicher Seite die Stimmung systematisch aufgeheizt. Der Hamburger Wanderkessel gab vor einer Woche einen Vorgeschmack davon, wie eng sich das Demonstrationsrecht auslegen läßt.
Daß nicht die Bilder und Losungen der Zehntausenden friedlich und phantasievoll demonstrierenden Menschen aus vielen Ländern die Schlagzeilen beherrschen, sondern unschöne (Rand-)Szenen des Krawalls, ist kein Zufall, sondern Kalkül. Eine demokratiefreie Zone von Demonstrationsverboten und die gewaltige Drohkulisse Tausender Uniformierter soll »Normalbürger« davon abschrecken, ihre Meinung auf die Straße zu tragen, und wirkt als »Einladungskarte« an diejenigen, die Räuber und Gendarm spielen möchten. Vom Hooliganismus und einer Militanz am falschen Ort distanzieren sich die Demo-Veranstalter zu Recht. Doch wer nun betroffen den Kopf senkt und die Kooperation mit der Polizei lobt, trägt dazu bei, Ursache und Wirkung zu vertauschen. Auch in Rostock gab es eine parallele polizeiliche Großdemo unter dem Motto: Nur diese Welt ist möglich.
Der eigentliche Skandal sind nicht die Entgleisungen einiger in Rostock, sondern ist ein alltäglicher, der dem vielgelobten Rechtsstaat spottet. Während millionenfach das Recht auf Arbeit, kulturelle Teilhabe und soziale Sicherheit verweigert wird, zieht die Repressionsschraube an. Wer in diesem Land gegen Sozialabbau und Krieg, gegen alte und neue Nazis, für eine andere Welt auf die Straße geht, muß sich stets auf die präventive kollektive Ingewahrsamnahme im Spalier einer hochgerüsteten Polizei gefaßt machen.
Oft genug werden nicht nur Bürgerrechte mit Polizeistiefeln getreten. Amnesty International verzeichnet immer wieder Beschwerden über Mißhandlungen und unverhältnismäßige Gewalt bei der Festnahme oder in Polizeihaft. Wer schon mal solchen Einsätzen – z. B. der berüchtigten Berliner Einsatzpolizei, die auch in Rostock mit von der Partie war – beiwohnen durfte, weiß, daß für einige der Robocops jeder Psychiater zu spät kommt.
Auch in Rostock war es mit der versprochenen Zurückhaltung der Polizeikräfte bald vorbei. Ihre massive Präsenz und ein aufdringliches Einsatzkonzept führten die Eskalation wesentlich mit herbei. Gelegenheit macht Randale: Man vergaß, dem »schwarzen Block« von Militanzfetischisten ein Auto aus dem Weg zu räumen, das dann in Flammen aufging. Sowas kommt vor. Mit Knüppel, Gas und Wasser wurde nicht gespart. Schlagkräftig zeigte sich auch die inoffizielle Pressestelle der bewaffneten Organe, Spiegel online, welche die Gewalt ins Zentrum rückte. Auch verbale Randale sind nämlich wichtig im Kampf – um die Köpfe.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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