Hoffnungsvoller Auftakt
Von Ann FridayRege Beteiligung bei G-8-Alternativgipfel in Rostock. Jean Ziegler hielt Eröffnungsrede
Mehr Leute hätten in die Rostocker Nikolaikirche nicht hinein gepaßt. Etwa 1400 Menschen drängten sich am Dienstag abend in die Auftaktveranstaltung des G-8-Alternativgipfels; die Veranstalter hatten mit 700 Teilnehmern gerechnet. Jean Ziegler, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, eröffnete die Podiumsdiskussion mit einer flammenden Rede. »Ein Kind, das heute verhungert, wird ermordet«, erklärte er, und wies auf das System der strukturellen Gewalt hin. Der EU-Ministerrat könnte das mörderische Agrardumping morgen früh stoppen. Der Neoliberalismus müsse weg, die Welthandelsorganisation, der Internationale Währungsfonds und die Weltbank sollten ersatzlos abgeschafft werden. »Wir wissen, was wir nicht wollen«, sagte Ziegler und fügte hinzu: »Es gibt keinen Weg, den Weg machen deine Füße selbst«.
Was für ein Widerspruch, daß dieser Mann mit seinen Ansichten noch bei der UN angestellt ist, meinte Madjiguene Cisse aus Senegal: »Wie kommt es, daß er dort noch arbeitet? Nächstes Mal laden wir ihn zu den Blockaden ein!«
Annelie Buntenbach vom DGB-Bundesvorstand sah noch einen weiten Weg vor sich. Ein Generalstreik, wie von einem Teilnehmer vorgeschlagen, sei erst bei in einem anderen gesellschaftlichen Klima denkbar. Sie berichtete von der internationalen Gewerkschaftskampagne für würdige Arbeit und würdiges Leben, mit der vor allem prekär Beschäftigte und Menschen ohne Job angesprochen werden sollen.
Thuli Makama vom Umweltnetzwerk Friends of the Earth aus Swaziland steltte klar, daß Afrikaner keine Bettler seien: »Wir bitten nicht um Almosen, denn die Welt hat genug Ressourcen für uns alle.« Sie wandte sich unter anderem gegen Biokraftstoffe: Der Energieverbrauch des Nordens dürfe keinen Vorrang gegenüber der Nahrungsversorgung des Südens haben.
Madjiguene Cisse, die früher bei den Sans Papiers in Frankreich aktiv war und nun im Senegal aktiv ist, forderte unter viel Applaus das Grundrecht der Bewegungsfreiheit für alle Menschen ein und sprach die Fluchtursachen an. Exemplarisch wies sie auf die Fischereiabkommen zwischen der EU und mehreren Ländern des Südens hin, die dazu führten, daß die Fischer dort keine Arbeit mehr hätten.
Nach der Podiumsdiskussion wurden mehrere Arbeitsgruppen, die Diskussionen dauerten weit in die Nacht. Vielfach wurde kritisiert, daß der Alternativgipfel parallel zu den Blockaden der Zufahrtswege nach Heiligendamm stattfinde. Ein Teilnehmer forderte die Gäste auf, sich an den Protesten zu beteiligen.
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