Zu Besuch bei Roberto Chile
Von Dietmar KoschmiederCuba öffnet sich, aber die Grenzkontrollen bleiben gründlich. Bei unserer Einreise werde ich aus der Schlange bei der Zollabfertigung herausgewunken. Sie wissen, woher auch immer, dass sich in meinem Reisegepäck ein Stapel neuer Bücher befindet. Womöglich Handels- oder gar subversive Ware? Jedenfalls muss ich unter kritischen Blicken der Beamten den Koffer öffnen. Die Gesichtsausdrücke werden milder, wirken gar überrascht, als ich ihnen den Fotobildband mit den Fidel-Castro-Portraits Roberto Chiles zeige. Trotzdem soll ich von einem Band die Folie entfernen, damit sie den Inhalt prüfen können. Zu dritt stecken sie jetzt die Köpfe in das Buch, blättern interessiert darin. Und als wir ihnen erklären, dass es sich um Belegexemplare handelt, die wir für Roberto Chile mitgebracht haben, mischt sich unter die Freundlichkeit in den Gesichtern Respekt. Der Koffer wird nicht weiter kontrolliert, ich darf einpacken und das freie Kuba betreten. Mein Kollege Gerd Schumann braucht dazu etwas länger. Bei ihm wollen sie im Gepäck „Electronics“ erspäht haben, können es dann aber kaum glauben, als sie nichts finden.
Drei Tage später empfängt uns Roberto Chile herzlich in seinem gepflegten kleinen Häuschen im Stadtteil Playa. Die Wohnräume hängen voller beeindruckender Werke von kubanischen Malern und Grafikern. Die Sammlung begann damit, dass sich Künstler mit ihren Arbeiten für Robertos Portraitfotografien bedankten. Nach dem Auszug seiner Tochter hat er die Wohnung im zweiten Stockwerk als Atelier und kleinen Ausstellungsraum ausgebaut. Dort zeigt er uns manche mittlerweile vertraute, aber auch uns noch unbekannte fotografische Werke. Bei herrlichen tostones (frittierte Bananen) und Cuba Libre erzählt er uns die Geschichte von der deutschen Ausgabe von „Fidel es Fidel“, die wir bei der Ausstellungseröffnung in der Ladengalerie der jungen Welt mit einer Widmung für Fidel Castro an die Botschaft überreicht haben. Fidel hat sich die Widmung vorlesen lassen und sei beeindruckt von unserem Engagement und der Freundlichkeit, teilt uns Roberto mit, der dies direkt von Fidels Frau erfahren hat. Nach seinen Informationen geht des dem Comandante ausgezeichnet.
Wir sprechen mit Roberto auch über unser Cuba-Musik-Projekt der Zeitschrift Melodie & Rhythmus. Er erklärt sich bereit, Aufnahmen bei Gesprächen mit Musikern für uns zu machen und Kontakte zu sehr guten Konzertfotografen herzustellen. Am Ende des Besuchs lässt er es sich nicht nehmen, uns persönlich in seinem Lada zurück zu unserer Unterkunft zu chauffieren. Bei einer herzlichen Umarmung betont er noch einmal, wie wichtig es für ihn und Kuba sei, solche Freunde zu haben.
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