Keine Pyramiden in Havanna
Von André Scheer, HavannaIn Kuba träumen einige »Dissidenten« vom Volksaufstand. Ein Echo finden sie nicht
Der spanischsprachige Kanal des US-Nachrichtensenders CNN eröffnete
seine Informationen am Montag mit einer Nichtmeldung. Frustriert stand
die Korrespondentin im Park des 13. März, unweit des Revolutionsmuseums
im Herzen der kubanischen Hauptstadt, und mußte berichten, daß es nichts
zu berichten gab.
Dabei war Großes angekündigt worden. Für nicht
weniger als einen »Volksaufstand« hatten in den Tagen zuvor einige
einheimische und vor allem ausländische Gegner der kubanischen Regierung
über den Internetdienst Facebook mobilisiert. Nach arabischem Vorbild
sollte die Regierung in Havanna gestürzt werden.
Doch »in
Havanna gibt es keine Pyramiden«, kommentierte bereits in den Tagen
zuvor ein kubanischer Blogger die virtuelle Kampagne. Tatsächlich fand
zumindest die im Internet angekündigte Kundgebung »zwischen 17 und 20
Uhr in der Gegend um das Revolutionsmuseum« nicht statt, wie sich junge Welt
vor Ort überzeugen konnte. Lediglich eine leicht erhöhte Polizeipräsenz
in der Umgebung deutete darauf hin, daß auch die kubanischen Behörden
eine Provokation nicht völlig ausschließen wollten.
Gerüchte
sprechen davon, daß einige Gruppen auch für Mittwoch »irgend etwas« im
Botschaftsviertel Miramar planen. »Da kommen die üblichen fünf Hansel
zusammen«, kommentierte dies eine Einwohnerin von Havanna gegenüber jW.
Sie habe für diese Leute nichts übrig. In Mexiko habe sie vor einigen
Jahren bettelnde Straßenkinder gesehen: »Das ist es, was meinem Land
blüht, wenn diese Leute an die Macht kommen«, so die
Behördenangestellte.
Manch westlicher Korrespondent wundert
sich trotzdem über das Ausbleiben von Protesten in Kuba. Die
wirtschaftliche Lage ist schwierig, und auch in weiten Teilen der
Bevölkerung ist Unzufriedenheit zu spüren. So werden derzeit die Preise
für einige staatliche Leistungen erhöht und einige Lebensmittel wie
Zucker von der Rationierungskarte, der »Libreta«, gestrichen, um durch
die gestiegenen Einnahmen gegen Jahresende die Gehälter erhöhen zu
können. Viele fragen sich jedoch, wie sie in der Zwischenzeit über die
Runden kommen sollen.
Auch im Bildungswesen hat Kuba
Schwierigkeiten, sein hohes Niveau zu halten. Während die meisten
offenbar auf den Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas (PCC)
warten, der im April die Weichen für die weitere wirtschaftliche
Entwicklung stellen soll, haben andere die Hoffnung aufgegeben. »Kuba
wird wie Haiti enden«, kommentierte beispielsweise eine Studentin
gegenüber jW. Die Revolution sei gescheitert, vor allem die
»Verlogenheit« störe sie.
Aus dieser Unzufriedenheit können die
winzigen Gruppierungen von Regierungsgegnern, die größtenteils am Tropf
der US-Interessenvertretung hängen, jedoch ganz offensichtlich nicht
profitieren. Sie sind für die Menschen, mit denen wir in Havanna
gesprochen haben, ebensowenig ein Bezugspunkt wie etwa die im Ausland
als »Bloggerin« hofierte Yoani Sánchez, die den meisten Menschen
schlicht unbekannt ist. Und das liegt nicht daran, daß der
Internetzugang zu ihrer Seite blockiert wäre. Während etwa die Homepage
des US-Propagandasenders »Radio Martí« tatsächlich nicht erreichbar war,
erschienen unzählige antikubanische Onlineportale aus Miami problemlos
auf dem Monitor.
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