Neun Stunden mit Fidel
Von jWDer frühere kubanische Präsident Fidel Castro begründet offenbar eine neue Tradition. Erneut hat er in diesem Jahr am Rande der Internationalen Buchmesse in Havanna zu einem »Treffen mit Intellektuellen« eingeladen. Seine Gäste kamen aus 22 Ländern, unter ihnen so bekannte Namen wie Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel, der Träger des angesehenen spanischen Literaturpreises Premio Cervantes, Sergio Pitol, die argentinische Publizistin Stella Calloni, der brasilianische Befreiungstheologe Frei Betto, die Journalisten Ignacio Ramonet und Atilio Borón und der spanische Schriftsteller Santiago Alba.
Aus Deutschland gehörten Vertreter des Berliner Büros Buchmesse Havanna, das aus der Tageszeitung junge Welt, dem Netzwerk Cuba und den darin organisierten Kuba-Soligruppen, Verlagen und der Gewerkschaft verdi Berlin-Brandenburg besteht, zu den eingeladenen Gästen.
Das Treffen, das um 13.20 Uhr begonnen hatte, endete erst nach 22 Uhr. In dieser Zeit ergriffen zahlreiche Gäste das Wort. Als erster sprach spanische Schriftsteller und Journalist Ignacio Ramonet, der wenige Stunden zuvor mit der Ehrendoktorwürde der Universität Havanna ausgezeichnet worden war. Er kritisierte, daß das globale Mediensystem die Information zu einer reinen Ware gemacht habe und die Medien von tatsächlichen Inhalten entkleide. Vielmehr würden die Menschen durch die Medienkonzerne an die Werbung verkauft. Seine argentinische Kollegin Stella Calloni forderte eine schnelle Reaktivierung des »Netzwerks der Intellektuellen für die Verteidigung der Menschheit«, das vor einigen Jahren in Kuba gegründet worden war. Es sei schrecklich, mit welchem Schweigen die Menschheit die aufeinander folgenden Kriege hinnehme, sagte sie und nannte als Beispiele die Angriffe auf Afghanistan und Libyen sowie die Drohungen gegen den Iran und Syrien.
Der brasilianische Theologe Frei Betto forderte von seinen versammelten Kollegen Selbstkritik ein. Sie müßten sich wieder mehr in die Gesellschaft eingliedern und nicht nur Empörung, sondern auch Projekte schaffen. Protest alleine reiche nicht, um die globale Ungerechtigkeit zu überwinden.
Nahezu als letzter Redner ergriff Fidel Castro das Wort, dessen offensichtlich guter Gesundheitszustand zuvor von zahlreichen der Versammelten hervorgehoben worden war. Er legte einen dicken Stapel von Agenturmeldungen auf den Tisch und warnte, dies seien nur Nachrichten der letzten drei Tage. Eine Stunde lang verlas und kommentierte er einige davon, um die dramatische Lage zu beschreiben, in der sich die Welt befindet. »Das Mindeste, was wir tun können, ist, daß die Bevölkerung informiert ist. Wir müssen kämpfen und dürfen uns nicht vom Pessimismus besiegen lassen«, forderte er.
(Cubadebate/RedGlobe)
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