Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Freitag, 27. Dezember 2024, Nr. 301
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
16.02.2012, 20:52:54 / Buchmesse Havanna 2012

Der freundliche Polizist

Von Jörn Boewe
Hasta la victoria siempre Dosenbier
Una revolución popular: Bis zum endgültigen Sieg braucht das Volk schließlich auch was trinken

Ich ging die Landstraße von der Cabaña-Festung Richtung Casablanca. Es war abends, die Buchmesse schloß langsam ihre Tore. Ich wollte die Fähre über die Bucht von Havanna nehmen. Mir sind Boote lieber als Busse oder Taxis, und die Seeluft über der Lagune schmeckt bessert als die Abgase im Tunnel, der die Hafeneinfahrt unterquert. Ich kam an eine Kreuzung und war mir nicht ganz sicher, wo ich lang mußte. Aber weil gerade Buchmesse war, stand heute an dieser ruhigen Kreuzung ein Polizist neben seinem Motorrad.

"'n Abend", sagte ich. "Bin ich hier richtig nach Casablanca? Zur Fährlinie?"
Und dann passierte es. Der Polizist schüttelte mir die Hand. Guten Abend, Compañero. Ich dachte erst, er hätte mich mit jemandem verwechselt oder wollte Zeit gewinnen, weil er den Weg selbst nicht wußte.  Aber nein: Dieser junge Mann war nicht verwirrt. "Ja, ja , du bist richtig. Immer geradeaus.

Die Geste war von einer rührenden, unbeholfenen, aber absolut authentischen Freundlichkeit, die - davon bin ich überzeugt - nicht nur mit karibischer Mentalität, sondern auch mit dem fortwirkenden Impuls der kubanischen Revolution zu tun hat, einer Bewegung von Intellektuellen aus eher bescheidenen Verhältnissen, Arbeitern und Bauern. Natürlich sind Kubas Polizisten Ordnungshüter wie ihre Kollegen in aller Welt, und ihre Schlagstöcke tragen sie demonstrativ offen, damit niemand auf dumme Gedanken kommt. Die Ordnung hier kennt wie jede Ordnung strikte Regeln. Aber trotz wachsender sozialer Unterschiede ist es dennoch keine Ordnung, die der Herrschaft eines reichen Besitzbürgertums dient. Natürlich sieht die Realität anders aus die Ideologie, aber die spontane, anrührende Freundlichkeit des kubanischen Polizisten hat ihre eigenen sozialen Wurzeln. Es hat etwas mit dem Klassencharakter der kubanischen Revolution zu tun.

Im Übrigen zahle ich fünf Dollar oder konvertible Pesos an jeden, der mir glaubhaft versichern kann, daß ihm so etwas schon einmal in irgendeinem Land außerhalb der Republik Kuba widerfahren ist.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!