Der zuletzt lacht
Es ist schon eine Weile her, dass britische Kommunisten beim Hamburger Stefan Siegert anfragten, ob sie seine Zeichnung des lachenden Karl Marx auf einige Merchandising-Produkte drucken lassen dürften. Gemalt hatte Siegert das Bild 1979 auf dem »Höhepunkt revolutionärer Euphorie«, wie er sagt: »Wir hatten Vietnam gewonnen, die Nelkenrevolution in Portugal war zunächst gelungen …« Er gab sein Okay und schlug statt der angebotenen bescheidenen Bezahlung vor, das Ganze nach der Revolution zu verrechnen.
Bisher gibt es noch keine T-Shirts oder Tassen mit dem Bild. Aber es wurde auf den Titel eines druckfrischen Katalogs mit Marx-Cartoons gehoben. Es handelt sich um eine Auswahl unter Hunderten Einsendungen zu einem Wettbewerb, den der Ken-Sprague-Fonds anlässlich des 200. Marx-Geburtstags zusammen mit der sozialistischen Tageszeitung Morning Star und der Londoner Marx Memorial Library organisierte. Ken Sprague (1927–2004) war ein kommunistischer Grafiker und Karikaturist, der viel für den Morning Star gezeichnet hat.
Siegerts lachender Philosoph ist einer von zwei Gewinnern. Der andere erste Preis ging an Konstantin Kazanchev aus der Ukraine für einen Marx, der einem jungen Skater zeigt, wie die Revolution zu gewinnen ist: mit Hammer und Sichel. Das Symbol der Einheit von Arbeitern und Bauern spielt in einem Dutzend Zeichnungen des Bandes eine mehr oder weniger große Rolle. Bei Sergey Drozdov (Russland) baumelt es am Rückspiegel eines Taxis, bei Mahdi Afradi (Iran) ziert es die Kühlerfigur einer Staatskarosse, bei Trayko Popov (Bulgarien) bilden die beiden Werkzeuge Marx’ Brauen, bei Hule Hanusic (Österreich) werden sie im Fundbüro (»Lost Things«) abgegeben usw.
Wenige Zeichner sind mehrmals vertreten, darunter die Gewinner. Das zweite Bild von Kazanchev ist eine angefressen wirkende Variation auf »Sohn eines Menschen« des belgischen Surrealisten René Magritte (1898–1967). Siegert ist noch mit einem Baum ohne Blätter vertreten, dessen Zweige ein mürrisches Marx-Konterfei ahnen lassen. Diese Zeichnung stammt von Mitte der 80er Jahre und ist »schon nicht mehr so optimistisch«, wie der Urheber meint. Und schließlich ist da noch sein Wimmelbild mit Austromarxist (ganz rechts auf dieser Doppelseite), gemalt im Jahre 1989 noch vor dem Ende der DDR, »als man das Gefühl hatte, dass uns die Felle wegschwimmen, wir bis zu den Knien im Wasser stehen und nicht wissen, ob es sinken oder steigen wird«. So viel hat sich da einstweilen nicht geändert. Aber wir werden den Humor nicht verlieren. (jW)
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!