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21.09.2021, 14:11:58 / Rosa-Luxemburg-Konferenz 2018

»Der Bourgeois macht sich zunehmend überflüssig«

Lenin lesen: Wer vom Imperialismus spricht, sollte das Monopolkapital nicht vergessen. Gespräch mit Lena Kreymann
Von Johannes Supe
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Bevor am Wochenende der Revolutionäre Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Wladimir Lenin gedacht wird, wollen wir über die Aktualität von deren Werk sprechen. In Ihrer Organisation, der SDAJ, wird zum Beispiel noch heute Lenins 1917 erschienene Schrift »Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus« studiert. Warum?

Das Werk hat mindestens zwei, vermutlich aber mehr ganz große Stärken. Die grundlegende Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse stimmt nach wie vor. Man kann aus der Schrift aber auch viel darüber lernen, wie man an politische Arbeit herangehen sollte. Denn was tut Lenin? 1916, der erste Weltkrieg tobt, und die Lage spitzt sich in allen Ländern unglaublich zu, schreibt er dieses Buch – und wälzt dafür Statistiken. Er nimmt sich eine Unmenge an Daten vor. Das tut er nicht, weil er sich von der politischen Praxis entfernt hätte. Im Gegenteil: Er betrachtet die Situation genau, macht langfristige Entwicklungstendenzen aus und schlussfolgert, wie die revolutionäre Arbeit aussehen muss. Auch wir müssen so an die Überwindung des Kapitalismus herangehen.

Lenin verweist darauf, dass die Grundlage des Imperialismus die Existenz gewaltiger Monopolkonzerne ist. Er wendet sich gegen ein Verständnis, nach dem Imperialismus nur eine besonders aggressive Politik sei. Heute wird der Begriff meist genau so verwendet.

Die falschen Auffassungen, die er kritisiert, verleiten zur Schlussfolgerung, man müsse einfach die Politikerriege austauschen. Zumal die bürgerliche Geschichtsschreibung auch vom Imperialismus spricht, damit aber nur eine bestimmte, schon beendete Epoche meint. Lenins Imperialismusbegriff ist dagegen sicher nicht vorherrschend. Die Analyse des Monopols, also riesiger marktbeherrschender Unternehmen, ist einer der zentralen Aspekte des Buchs. Lenin leitet aus seiner Untersuchung ab, dass sich die kommunistische Politik vor allem gegen die Herrschaft des Monopolkapitals wenden muss. Die Richtigkeit unserer Analyse müssen wir selbst beweisen und zwar nicht auf rein theoretischem Weg, sondern in den täglichen Auseinandersetzungen um bessere Löhne und Bildung oder gegen Krieg. Dafür gibt es Anknüpfungspunkte: Etwa wenn wir aufzeigen, dass Auslandseinsätze, also Kriege, im Interesse großer Konzerne stattfinden – und zwar selbst dann, wenn wie in Deutschland die große Mehrheit der Bevölkerung gegen sie ist.

Gerade das ist doch nicht so leicht. Welcher deutsche Konzern profitiert etwa von der Besatzung Afghanistans?

Diese Frage ist mit Sicherheit eine Herausforderung, denn oft stehen längerfristige Interessen dahinter, etwa geostrategische. Die Aufgabe besteht beispielsweise darin, zu schauen, welche Unternehmen die Aufträge erhalten, wenn zynischerweise vom »Wiederaufbau Afghanistans« gesprochen wird. Es dürften in der Regel keine afghanischen, sondern westliche Unternehmen sein. Das genauer aufzuzeigen, wäre notwendig – und unter anderem auch Aufgabe der jungen Welt.

Touché. Ist es nicht deprimierend, heute noch dieses Werk von Lenin lesen zu müssen? Den Imperialismus beschrieb er vor 100 Jahren als »Übergangskapitalismus oder, richtiger, als sterbenden Kapitalismus«.

Der Kapitalismus hat seinen vorwärtstreibenden Charakter verloren, den Marx und Engels im Manifest noch ausmachten. Mit der Herausbildung der Monopole werden bereits die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Wirtschaft grundsätzlich anders zu gestalten und gesamtgesellschaftlich zu planen. Der Bourgeois als »gerissener Unternehmer« macht sich zunehmend selbst überflüssig, denn die Verwaltung der Konzerne mit ihren immer größeren Produktionseinheiten wird bereits von Angestellten geleistet. Das brachte Lenin dazu, vom Vorabend des Sozialismus zu sprechen. Doch wie lange dieses Sterben genau dauern wird, kann niemand sagen. Es ist auch kein Automatismus, denn den Kampf um die Abschaffung des Kapitalismus müssen wir selber führen.

Wird nicht vor allem die Entwicklung von schädlichem Unsinn vorangetrieben? Handscanner etwa, die Amazon einsetzt, um die Belegschaft völlig zu überwachen, wird man künftig hoffentlich nicht mehr nutzen.

Das stimmt zum Teil, denn entwickelt wird nach Maßgabe des Profits, nicht der menschlichen Bedürfnisse. Das reicht von Druckern, die zu schnell kaputtgehen, bis hin zur Entwicklung immer neuer Schnellfeuerwaffen. Doch die wesentliche Frage bleibt, in wessen Hand die Technik liegt und wie sie dann gebraucht wird. Dem Kapital muss sie jedenfalls entrissen werden.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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