Das Material sprechen lassen
Ibrahim Mahama ist zur Zeit einer der weltweit am meisten gefragten Künstler. Er kommt gerade aus New York, um eine Zeitlang in Berlin zu arbeiten. Auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz wurde er von Susann Witt-Stahl interviewt. Sie ist die Chefredakteurin der Melodie & Rhythmus, in deren aktuellem Heft er einen Text veröffentlicht hat unter dem Titel »Interventionen ins herrschende Produktionssystem«. Witt-Stahl bat Mahama, das noch einmal zu erläutern.
Mahama sagte, er möchte spezifisches historisches Material dekonstruieren. Er wurde in Ghana geboren, das 1957 von den Briten unabhängig wurde. Der erste Präsident war der Marxist Kwame Nkrumah mit guten Kontakten zum Realsozialismus, weshalb in der Architektur Ghanas britische Kolonialbauten auf Funktionsbauten osteuropäischer Prägung treffen. Besonders imposant: große Betonsilos für landwirtschaftliche Produkte, die heute leer sind. Ebenso die Fabrikhallen, in denen ghanaische Arbeiter früher Eisenbahnzüge bauten, mit denen die Briten das Land besser ausbeuten konnten. In diesen leeren Hallen ließ Mahama nun Jutesäcke, in denen die Produkte des Landes transportiert werden, zusammennähen – zu riesigen Planen, die er wie einen Vorhang über diese Gebäude wirft.
Er möchte so in Dialog mit dem Material als auch mit anderen Künsten treten, erzählte er. Für die 14. Documenta im vergangenen Jahr breitete er eine solche riesige Decke aus Jutesäcken in Athen auf dem Syntagma-Platz vor dem griechischen Parlament aus. Er wolle »die Spannungen« zwischen dem internationalen Kapital und den Menschen vor Ort sichtbar machen, äußerte Mahama. Erst bedeckten die Jutesäcke den Boden des Syntagma, dann zog Polizei auf.
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