Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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21.09.2021, 14:09:59 / Rosa-Luxemburg-Konferenz 2018

Wiedergutmachungen

Von Helmut Höge
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Kundgebung für die Rückgabe von Schädeln ermordeter Herero und Nama vor der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, März 2014

In Afrika kämpfen Einheimische um die Rückgabe riesiger Ländereien. Dabei geht es auch um Identitätsfindung und -absicherung, denn die massenhaft deportierten und oft weit versprengten Volksstämme müssen ihr Anrecht auf bestimmte Areale quasi kollektiv nachweisen. Ähnliches gilt für nordamerikanische Indianerstämme, die vor Gerichten für die Erweiterung ihrer Reservate streiten, um in Wäldern, die von der Holzindustrie beinahe restlos ausgebeutet wurden, zu ihrer »traditionellen Lebensweise« zurückzukehren.

Schon lange bemühen sich Afrikaner auch um die Rückgabe von Alltags-, Kunst- und Kultgegenständen, die ihren Vorfahren geraubt wurden und sich in europäischen Museen befinden. Ganze Boote und Hütten sind dort ausgestellt oder in den Archiven gelagert. Die Bedeutung dieser Exponate für die Bestohlenen kann kaum überschätzt werden. Es geht oft auch darum, sich einer nicht verschrifteten Volksgeschichte zu vergewissern.

Viel Aufregung gab es um Exponate, die aus sterblichen Überresten von Menschen bestanden: Schädel, Skelette und komplett ausgestopfte Leichen wurden nach internationalen Protesten zurückgebracht und mit Staatsbegräbnissen beigesetzt. Zwei dieser präparierten Körper, die im Besitz zweier deutscher Apotheker waren, blieben verschwunden. Über einen dritten, den eines Batswana, der bis zu seiner Restitution zu den wichtigsten Exponaten eines kleinen Museums im spanischen Banyoles gehörte, verfasste der niederländische Journalist Frank Westerman das Buch »El Negro. Eine verstörende Begegnung« (2005). Initiiert wurde die Rückgabe von einem in Spanien lebenden Haitianer. Es gab eine regelrechte Bewegung dafür, aber auch eine Gegenbewegung. In Bayoles wollte man »El Negro« partout behalten, demonstrierte das mit Ansteckern und Autoaufklebern, die sein Konterfei zeigten.

Während englische Museen gegenüber solchen Rückgabeforderungen eher cool bleiben, entledigen sich die französischen allmählich ihrer Schätze aus den ehemaligen Kolonien. Zuletzt erklärte Präsident Emanuel Macron Ende November in Ougadougou: »Das afrikanische Erbe darf kein Gefangener europäischer Museen sein« und stellte eine »zeitweilige oder endgültige Restitution« dieses Erbes innerhalb der nächsten fünf Jahre in Aussicht. Es gab in der Grande Nation zuvor eine größere Debatte über die Rechtmäßigkeit dieser Aneignungen. Dabei ging es auch darum, ob Kultobjekte fremder Völker einfach zu Kunst erklärt werden können. Der Ethnologe Claude Lévi-Strauss etwa kritisierte scharf, dass Teile der Sammlung Ethnologischer Museen in einem Flügel des Pariser Louvre gezeigt wurden, und zwar so präsentiert wie die sonstigen Kunstgegenstände dort.

Eine ganz ähnliche Debatte schwillt nun auch hierzulande an, forciert vor allem durch das Humboldt-Forum im mit Beton wiederhergestellten Berliner Hohenzollernschloss. In das soll die ethnologische Sammlung aus dem Museum im Stadtteil Dahlem umziehen. Dabei handelt es sich um etwa 500.000 Objekte und 1.000 Schädel beziehungsweise Knochen vorwiegend von Ostafrikanern. Wollte man das alles auf eine »saubere Herkunft« prüfen, müsste man großen Teilen des akademischen Proletariats in der Stadt eine Daueranstellung anbieten. Selbst die als gesichert geltenden Umstände des Erwerbs von Exponaten erweisen sich bei näherem Hinsehen als fragwürdig.

Ein kostbarer Perlenthron aus Kamerun z. B. wurde Wilhelm II. vom Sultan von Bamun »geschenkt«, nachdem die Deutschen nach 1884 auf ihrem Unterwerfungsfeldzug durch das Land Dörfer verwüstet, ganze Ethnien massakriert und viele Überlebende versklavt hatten. Um seinem Sultanat dieses Schicksal zu ersparen, unterstützte Ibrahim Njoya die »Strafexpeditionen« der Deutschen und trennte sich von seinem Thron, wobei er ein Gegengeschenk von Wilhelm II. erwartete. Er bekam eine Kürassieruniform und ein Orchestrion. Unter dem Aspekt des Warentauschs, bei dem es um Äquivalente geht, ein zumindest fragwürdiger Deal. Da der Sultan zudem unter Druck stand, liegt ein Vergleich mit den »preisgünstigen« Arisierungen jüdischen Eigentums nahe.

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