Unter ferner liefen
Von André ScheerNeben Chávez und Capriles treten vier weitere Kandidaten zur Wahl an In Venezuela lichten sich wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl die Reihen der kandidierenden Parteien und Bewerber. In der vergangenen Woche haben bereits vier kleine Parteien ihre Unterstützung für den Oppositionskandidaten Henrique Capriles Radonski zurückgezogen, weil sie sich von dessen Wahlkampfstab ausgegrenzt fühlten.
Am Montag (Ortszeit)
kündigte nun auch Yoel Acosta Chirinos seinen Verzicht auf eine
Kandidatur an. »Mein Gegner ist die Rechte, und mein historischer
Verbündeter ist Chávez«, sagte er gegenüber Medienvertretern.
Überraschend ist dieser Kandidaturverzicht nicht, denn der Vertreter
der »Republikanischen Zweihundertjährigen Avantgarde« (Vanguardia
Bicentenaria Republicana, VBR) ist eigentlich kein Gegner des
amtierenden Präsidenten. Der 1951 geborene frühere Leutnant beteiligte
sich sogar am 4. Februar 1992 an dem von Hugo Chávez geführten Versuch,
den sozialdemokratischen Staatschef Carlos Andrés Pérez mit Waffengewalt
zu stürzen, und saß nach dem Scheitern der Rebellion gemeinsam mit
Chávez im Gefängnis. Inzwischen ist er jedoch auf Distanz zum
sozialistischen Kurs des Präsidenten gegangen und will die Bolivarische
Revolution »wieder auf ihren ursprünglichen Pfad zurückbringen«, wie es
in seinem Wahlprogramm heißt.
Nach seinem Rückzug bleiben
neben Amtsinhaber Hugo Chávez und dem von den meisten
Oppositionsparteien unterstützten Henrique Capriles Radonski noch vier
Kandidaten im Rennen.
Einer von ihnen ist Orlando Chirino,
der für die trotzkistisch orientierte Partei »Sozialismus und Freiheit«
(PSL) antritt. Er gehörte um 2003 zu den Mitbegründern des linken
Gewerkschaftsbundes UNT (Nationale Arbeiterunion), der in den folgenden
Jahren jedoch durch interne Streitigkeiten – an denen Chirino eifrig
beteiligt war – zerrieben wurde. Dem Präsidenten wirft Chirino vor,
einen »Rechtsruck« vollzogen zu haben. Der Kurs der Regierungspolitik
sei weder sozialistisch noch antiimperialistisch, sondern liefere
Venezuela den transnationalen Konzernen aus, steht im Wahlprogramm der
PSL.
Ebenfalls aus der Gewerkschaftsbewegung stammt Reina
María Sequera von der kleinen Partei »Arbeitermacht« (Poder Laboral).
Die 1963 geborene Pädagogin tritt regelmäßig bei Wahlen an, und fällt
ebenso regelmäßig durch. So wurde sie 2010 von einer Reihe linker, aber
in Opposition zum Regierungslager stehender Parteien in einem Wahlbezirk
der Hauptstadt Caracas für die Nationalversammlung nominiert, erreichte
jedoch nur 0,6 Prozent der Stimmen. Inhaltlich bleiben ihre Aussagen
dünn – eine Homepage hat ihre Partei nicht anzubieten.
»Weder
nach links noch nach rechts schauen«, sondern mit Jesus Christus »gegen
Kapitalismus und Sozialismus« kämpfen, das will Luis Reyes Castillo.
Der 1959 im Bundesstaat Falcón geborene Verwaltungsrechtler, der mehrere
Jahre in den USA studiert und an der Universität von Oregon Spanisch
gelehrt hatte, ist der Kandidat der evangelikalen »Authentischen
Erneuernden Organisation«, deren Abkürzung ORA übersetzt »Bete«
bedeutet. Ziel der 2008 vom jetzigen Kandidaten und einigen Verwandten
gegründeten Partei ist die Gründung der »Christlichen Republik
Venezuela«.
Trotz eines in Venezuela populären Nachnamens ist
auch María Josefina Bolívar am 7. Oktober chancenlos. Die 1975 geborene
Rechtsanwältin schrieb sich für die eigens dazu gegründete »Vereinte
Demokratische Partei für den Frieden und die Freiheit« (PDUPL) als
Kandidatin ein. Sie kritisiert die Vernachlässigung der örtlichen
Gemeinden und spricht sich für eine »demokratische, partizipative und
dezentralisierte« Regierung aus.
Eine reale Chance, in das
höchste Staatsamt Venezuelas gewählt zu werden, hat keiner dieser
Kandidaten. Prognostiziert wird für sie alle zusammen ein Ergebnis von
unter einem Prozent.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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