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07.10.2012, 07:05:50 / Venezuela wählt

Hugo Chávez vor der internationalen Presse: »Am Sonntag siegt die Bolivarische Republik Venezuela«

Von André Scheer, Caracas
Hugo Chávez bei der Pressekonferenz
Hugo Chávez bei der Pressekonferenz

Wenige Stunden vor der Öffnung der Wahllokale in Venezuela haben sich Präsident Hugo Chávez und der Leiter der Beobachtermission der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR), Carlos Álvarez, am Samstag abend (Ortszeit) im Regierungspalast Miraflores den Fragen der internationalen Presse gestellt. Dabei zog Álvarez eine positive Bilanz seiner bisherigen Tätigkeit. Die Beobachter seien neutral, da ja auch die UNASUR ein pluraler Staatenbund sei. Man habe sich mit Oppositionsvertretern ebenso getroffen wie mit der Regierung und dem Nationalen Wahlrat (CNE).

Für den Ablauf des Wahltages in Venezuela zeigte sich Álvarez »sehr optimistisch«. Das venezolanische Wahlsystem sei hinsichtlich seiner Transparenz und der Glaubwürdigkeit des Ablaufs ein Beispiel für viele andere Länder. Alle politischen Akteure forderte er auf, die Ergebnisse der Wahl anzuerkennen.

Präsident Chávez hob hervor, daß am Sonntag die Stunde der Demokratie sei und erinnerte an die Worte des früheren US-Präsidenten James Carter, wonach Venezuela das beste Wahlsystem der Welt habe. »Ich würde es so formulieren: Wir haben eines der besten Systeme der Welt«, zeigte sich der Staatschef diplomatisch zurückhaltend.

Auf die Frage einer kolumbianischen Journalistin unterstrich er Venezuelas Unterstützung für den im Nachbarland gerade beginnenden Friedensprozeß. Er erinnerte daran, daß er selbst in seiner Jugend kurz davor gewesen sei, sich der Guerilla anzuschließen und einer bewaffneten Bewegung angehört habe. Der Weg zum Frieden sei für Venezuela die verfassunggebende Versammlung gewesen, die er unmittelbar nach seinem Amtsantritt in die Wege geleitet hatte. Dabei zeigte er die Verfassung der Bolivarischen Republik vor, die dem Volk seine souveränen Rechte zurückgegeben habe.

Die Korrespondentin des US-Fernsehsenders CNN wollte wissen, wie der Staatschef die Gefahr von Unruhen in Venezuela einschätze, »wenn die Ergebnisse knapp sind, und vor allem, wenn sie für Sie ungünstig sind«. Chávez ließ diese Provokation abtropfen und unterstrich, daß – egal, wie das Resultat ausfallen wird und wie der Abstand zwischen den beiden wichtigen Kandidaten sein wird – der wichtigste Garant für den Frieden in Venezuela das venezolanische Volk sei.

Auf Fragen des deutschen ZDF und anderer Medienkonzerne, die wie selbstverständlich davon ausgingen, daß Chávez die Wahl verlieren wird, entgegegnete Chávez nur, daß er aufgrund des geltenden Wahlgesetzes darauf keine Antwort geben könne. Die einzige Prognose, zu der er sich hinreißen ließ, war, daß am Sonntag »die Bolivarische Republik Venezuela gewinnen wird«. Bei der Wahl stehe alles auf dem Spiel, unterstrich er und erinnerte daran, daß Venezuela bei seiner Amtsübernahme ein Land am Abgrund gewesen sei. Schuld daran seien die Rezepte des Internationalen Währungsfonds (IWF) gewesen, die nun auch den »Kollaps« Europas verursacht hätten. »Die Ereignisse in Europa schmerzen uns sehr«, unterstrich der Präsident und sprach auch die Korrespondentin der spanischen »La Vanguardia« auf die brutale Repression der Polizei gegen die Großdemonstrationen gegen den Sozialabbau in Spanien an.

Einen Kaffee für den Präsidenten
Einen Kaffee für den Präsidenten

Demgegenüber habe sich Lateinamerika fundamental verändert. Die linken Regierungen hätten den Kontinent vor der Amerikanischen Freihandelszone (ALCA) gerettet und mit der UNASUR und dem verstärkten Mercosur neue Strukturen geschaffen. Ob dieser Kurs fortgesetzt werde, entschieden am Sonntag die Venezolanerinnen und Venezolaner.

Ausdrücklich würdigte Chávez, daß die Opposition mittlerweile auf den Boden der Bolivarischen Verfassung, die sie zuerst radikal abgelehnt und sogar verbrannt habe, zurückgekehrt sei.

Eine Vertreterin des Fernsehsenders Russia Today fragte Chávez nach seiner Meinung, warum der Westen so viel Angst vor ihm habe. Dieser zog zunächst in Zweifel, ob das der Fall sei. Dann antwortete er, Venezuela werde von manchen Regierungen und den Medienkonzernen als »gefährliches Beispiel« angesehen. Dazu benannte er die zahlreichen Sozialprogramme seiner Regierung, die in radikalem Unterschied zum Sozialabbau manch anderer Regierung stehe. Zudem verfüge Venezuela über Öl – und alle venezolanischen Staatschefs, die versuchten, die Ausbeutung der venezolanischen Bodenschätze durch ausländische Konzerne zu beenden, seien gestürzt worden »von Cipriano Castro (Anfang des 20. Jahrhunderts) bis zu mir«, sagte er mit Blick auf den Putschversuch vom 11. April 2002. Die westlichen Mächte seien auf den Rohstoff angewiesen.

Chávez warnte seine Gegner und die oppositionellen Medien zudem davor, vor der Bekanntgabe der offiziellen Zahlen durch den CNE irgendwelche eigenen Prognosen zu verbreiten. Dann sei er als Staatschef gezwungen, dagegen drastische Maßnahmen zu ergreifen, warnte er.

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