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Betr.: Artikel »Somit droht ihm weiterhin die Auslieferung in die Türkei«

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»Somit droht ihm weiterhin die Auslieferung in die Türkei«

Politischer Gefangener Ecevit Piroğlu: Delegation nach Serbien geplant. Ein Gespräch mit Hüseyin Ataş

Sie planen eine Delegation nach Serbien, um den politischen Gefangenen Ecevit Piroğlu zu besuchen, der sich seit über 100 Tagen im Hungerstreik befindet. Wie geht es ihm?

Ecevit Piroğlu befindet sich heute seit über 130 Tagen im Hungerstreik. Er hat stark abgenommen: Bei einer Größe von 1,82 Meter wiegt er nur noch 44,6 Kilogramm. Er kann nicht mehr gehen und sich nicht mehr selbst versorgen. Seine Organe sind vom Versagen bedroht. Er kann klar denken, aber nur stockend sprechen. Inzwischen befindet er sich im Krankenhaus, aber in seinem Zimmer ist permanent ein Polizist.

Warum wählt Piroğlu bereits zum zweiten Mal das drastische Mittel des unbefristeten Hungerstreiks?

Obwohl ein serbisches Gericht entschieden hat, dass er nicht ausgeliefert werden darf, wurde er in der Hafteinrichtung für Geflüchtete, Padinska Skela, inhaftiert. Die Einrichtung fungiert als Auslieferungslager. Somit droht ihm weiterhin die Auslieferung in die Türkei. Piroğlu fordert, dass die Gerichtsentscheidung umgesetzt und er nicht in die Türkei ausgeliefert wird. Statt dessen soll der serbische Staat ihn entweder als politischen Geflüchteten anerkennen oder ihm die Reisefreiheit gewähren, so dass er in einem anderen Land seiner Wahl Asyl beantragen kann.

Was wird Piroğlu von seiten der Türkei vorgeworfen?

Piroğlu ist seit seiner Jugend in der Türkei als Sozialist aktiv. Er hatte herausragende Positionen in der Partei der Sozialistischen Demokratie, SDP und im Menschenrechtsverein İHD. Konkret vorgeworfen wird ihm seine Beteiligung an den Gezi-Protesten 2013 gegen die Erdoğan-Regierung und seine Beteiligung an den Kämpfen in Nordostsyrien gegen den sogenannten Islamischen Staat. Ihm wird deshalb »Terrorismus« vorgeworfen. Ankara stuft ihn als einen mächtigen Staatsfeind ein, was sich daran zeigt, dass er auf der »Roten Liste« geführt wird. In der Türkei erwarten ihn lebenslanges Gefängnis und Folter, was seinen sicheren Tod bedeuten würde.

Was ist das politische Ziel Ihrer Delegation? Wer beteiligt sich?

Die Delegation wird von dem Bündnis der Europäischen Demokratischen Kräfte, ADGB, organisiert. So werden Vertreter und Vertreterinnen von verschiedenen Gruppen aus diesem Bündnis nach Serbien reisen. Außerdem fährt ein Vertreter des Bayerischen Flüchtlingsrates mit und es ist geplant, dass eine Vertretung des Rechtshilfefonds Azadî e. V. mitkommt. Vor Ort wird einer seiner Anwälte zur Delegation stoßen und sie zum Krankenhaus begleiten.

Als ADGB haben wir seit dem Hungerstreik von Piroğlu viele Aktionen durchgeführt, teils auch vor serbischen Konsulaten. Da die serbische Regierung weiterhin nicht auf die Forderungen des Hungerstreikenden eingeht und sein Tod droht, möchten wir mit unserer Delegation den Druck erhöhen, aber auch eine Vermittlungsrolle einnehmen. Wir möchten unserem Genossen zeigen, dass er nicht allein ist und dass es breite Solidarität gibt. Außerdem wollen wir einen internationalen Blick auf seine Situation werfen und die Öffentlichkeit umfassend darüber informieren. Ein wichtiges Anliegen ist uns auch, konkrete Lösungen auszuhandeln. Deshalb wollen wir neben dem Besuch im Krankenhaus versuchen, die zuständigen Behörden zu treffen und hoffen auf Bereitschaft seitens des serbischen Staates zu Gesprächen. Uns ist bewusst, dass der türkische Staat hinter den Kulissen massiven Druck auf Serbien ausübt.

Können Sie an politische Proteste gegen die Auslieferung von Piroğlu in Serbien anknüpfen?

Ja, es gab mehrere Solidaritätsaktionen in Serbien, zum Beispiel Kundgebungen in Belgrad vor dem Gericht. Daran haben sich neben Aktivisten auch namhafte Professoren und Juristen beteiligt, die die Rechtswidrigkeit im Vorgehen gegen Ecevit herausgestellt haben. Das hat auch Eingang in die serbischen Medien gefunden. Es gibt in Serbien Gruppen, die sich mit Geflüchteten und politischen Gefangenen solidarisieren. Diese begleiten Piroğlu seit seiner Inhaftierung.

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