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Betr.: Artikel Wadenbiss in Essen

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Hoch das Regierungsoppositionsbündnis! Die Kriegshetzer gegen Russland sind eine starke Truppe, wie damals 1914 und 1941. Erst mal arbeiten sie sich an der AfD ab und dann geht es zum 3. Weltkrieg. Thomas

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Wadenbiss in Essen

AfD-Parteitag: Große Gegenproteste. Personalentscheidungen wie zu erwarten

In Essen sind am Wochenende Zehntausende Menschen gegen den Bundesparteitag der AfD auf die Straße gegangen. Das Bündnis »Gemeinsam laut« zieht ein positives Fazit: 70.000 Menschen aus über 50 Städten haben demnach gegen die AfD protestiert, durch Sitzblockaden und Kundgebungen von Tausenden Menschen an zehn verschiedenen Orten in der Stadt verzögerte sich der Beginn des Parteitags um rund eine halbe Stunde. An der Großdemonstration des Bündnisses vom Hauptbahnhof der Ruhrgebietsstadt in Richtung des AfD-Tagungsortes in der Grugahalle nahmen demzufolge mehr als 50.000 Menschen teil.

Nach Schätzungen des Bündnisses seien außerdem rund 7.000 Menschen dem Aufruf unter dem Motto »widersetzen« gefolgt und hätten mit friedlichen Sitzblockaden die Anreise der AfD-Delegierten zu verhindern versucht. Die Polizei setzte an zahlreichen Stellen Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die Demonstrierenden ein. Roland Meister, Rechtsanwalt im Legal Team, berichtete am Sonntag im Gespräch mit junge Welt von mindestens 25 Ingewahrsamnahmen. Neun Personen blieben bis 20 Uhr in Polizeigewahrsam.

Auch »Widersetzen«-Sprecherin Katharina Schwabedissen berichtete gegenüber jW von Gewerkschaftern, die Polizeigewalt erfahren und Verletzungen davon getragen hätten. Besonders schockierend sei, dass ein AfD-Delegierter Menschen angespuckt und einen Demonstranten in die Wade gebissen habe. »Wir haben an zehn verschiedenen Orten in der Stadt die Straßen so sehr mit unserem solidarischen Protest geflutet, dass für die AfD kein Durchkommen mehr war.« Manche Delegierte mussten laut Schwabedissen umkehren. »Viele sind zu spät gekommen und mussten über Zäune klettern.« Die Partei habe »sehr deutlich gemerkt«, dass sie im Ruhrgebiet nicht willkommen sei. Zugleich sei Schwabedissen aber auch schockiert davon, dass die Polizei dabei geholfen habe, diesen Parteitag gewaltvoll gegen den Willen der Stadtgesellschaft durchzusetzen.

Der Bundesparteitag der AfD selbst lief im Vergleich zu vergangenen Jahren nahezu harmonisch ab. Alice Weidel und Tino Chrupalla werden die Rechtspartei zwei weitere Jahre anführen. Für Chrupalla sprachen sich am Sonnabend in Essen nach Zählung der AfD knapp 83 Prozent aus. Weidel holte knapp 80 Prozent der Stimmen. Überraschende Kampfkandidaturen, wie sie in den Anfangsjahren der AfD üblich waren, gab es bei den Vorstandswahlen diesmal nicht.

Nach dem Wahlgang der Vorsitzenden gab es bei der Besetzung der weiteren zwölf Posten des AfD-Vorstands keine großen Überraschungen mehr. Fünf neue Gesichter wurden in das Führungsgremium gewählt. So rückte der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk als neuer AfD-Vize in die zweite Reihe. Die beiden anderen Vizes, Stephan Brandner und Peter Boehringer, wurden bestätigt. Einen Sitz im Vorstand sicherte sich auch der Bundesvorsitzende der »Jungen Alternative« (JA), Hannes Gnauck. Weidel ist nun die einzige Frau im AfD-Führungsgremium, da zwei Kolleginnen aus dem alten Vorstand ausscheiden.

Die Entscheidung über die Schaffung des Postens eines Generalsekretärs vertagte der Parteitag. Nach kurzer Debatte stimmte am Sonntag eine knappe Mehrheit von 51 Prozent der Delegierten dafür, einen entsprechenden Antrag zur weiteren Beratung in den Satzungsausschuss der Partei zu verweisen.

Während Weidel am ersten Tag vor allem gegen die etablierten Parteien und den Verfassungsschutz wetterte, appellierte Chrupalla an seine Parteifreunde, bei der Aufstellung von Kandidatenlisten künftig mehr Sorgfalt walten zu lassen. Die derbe Wortwahl der Parteichefin kam bei den Delegierten und Gästen des rechten Spektakels erwartungsgemäß gut an. Deutschland sei »zu einem Ponyhof verkommen« und die Ampelregierung solle endlich abhauen und den Weg für Neuwahlen freimachen. Unter dem Applaus ihrer Parteifreunde schimpfte sie: »Der Verfassungsschutz ist selbst zum Verfassungsfeind geworden, und er gehört in dieser Form abgeschafft.«

Das gerade in Kraft getretene neue Staatsbürgerschaftsgesetz mit verkürzten Fristen für die Einbürgerung werde die AfD im Falle einer Regierungsbeteiligung wieder einkassieren, kündigte Weidel an – auch die Union versprach dies bereits. Der Ampelkoalition wirft Weidel mit Blick auf den Krieg in der Ukraine eine Eskalationsrhetorik vor. Lauten Beifall erntete die AfD-Chefin, als sie erklärte, zu den Interessen Deutschlands und Europas gehöre, »dass die Ukraine nicht zur Europäischen Union gehört und zu Europa«.

Chrupalla warb in seiner Rede unter Hinweis auf die EU-Wahl für mehr Professionalität seiner Partei. Zwar hatte die AfD am 9. Juni auf 15,9 Prozent der Stimmen zugelegt, war damit aber hinter ihren eigenen Erwartungen zurückgeblieben. Geschadet haben dürften ihr Berichte über das Potsdamer Treffen zur sogenannten Remigration sowie die Vorwürfe gegen ihren Spitzenkandidaten, Maximilian Krah, der unter anderem wegen mutmaßlicher Russland- und China-Verbindungen wochenlang für Schlagzeilen gesorgt hatte. Durchsuchungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Geldwäsche gab es beim Zweiten auf der AfD-Europawahlliste, Petr Bystron. »Wir hätten 20 Prozent holen können«, behauptete der Parteivorsitzende.

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