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Konservativer Liebling des Tages: Keir Starmer
Es ist ein altes Ritual der britischen Innenpolitik: In den Tagen und Wochen vor den Parlamentswahlen geben die Zeitungen des Landes bekannt, wen sie sich als kommenden Premierminister wünschen. Über Jahrzehnte war es ein wenig interessantes, weil vorhersehbares Ereignis. Konservative Zeitungen riefen zur Wahl der Tories auf, linke und liberale Zeitungen für Labour, die schottischen und walisischen Zeitungen für die dortigen Nationalisten – und in Nordirland interessierte das Getue sowieso niemanden.
Doch dann kam Tony Blair, und die Bands Oasis, Blur und Pulp machten die verstaubte Monarchie Großbritannien plötzlich wieder »cool«. Die Arbeiterbrüder und Oasis-Musiker Noel und Liam Gallagher aus Manchester ließen sich vom neoliberalen Labour-Chef dafür als Zugpferde einspannen. Der erzkonservative Medienmogul Rupert Murdoch – Sky News, Fox – erkannte die Zeichen der Zeit: Sein arbeiterfeindliches Schmierenblatt Sun und die ultrakonservative Times riefen zur Wahl von Labour auf. Blair gewann die Wahlen und dankte es Murdoch mit neoliberaler Politik. Bis zu den Wahlen 2005 hielt die Partnerschaft.
20 Jahre später tritt nun Keir Starmer in Blairs Fußstapfen. Das Wahlprogramm des Labour-Kandidaten für die Wahlen am Donnerstag ähnelt in vielen Punkten der rechten, neoliberalen Politik seines Vorgängers. Wie dieser in den 1990er Jahren will Starmer Labour »in die Mitte führen«. Die neoliberalen und konservativen Schreiberlinge danken es abermals: Ausgerechnet das historische Sprachrohr des britischen Wirtschaftsliberalismus, The Economist, ruft zur Wahl Starmers auf. Labour sei die »größte Chance« für die britische Wirtschaft. Am Sonntag folgte die konservative Sunday Times: »Die Tories haben das Recht, zu regieren, verwirkt. Übergeben wir an Labour.« Stamer hatte vorauseilenden Gehorsam bewiesen: Sein Wahlprogramm bietet wenig für Arbeiter, aber viel für Unternehmen und Reiche.