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04.07.2024 / Presseerklärung

PM junge Welt: UN-Sonderbericherstatterin Francesca Albanese fordert Sanktionen gegen Israel

„Israels Ruf ist für immer ruiniert, das Land spielt in der Welt keine Rolle mehr. Auch wenn westliche Politiker weiter ihre Lügen verbreiten, der Kaiser ist nackt, jeder kann es sehen“, zeigt sich Francesca Albanese, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete, im Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung junge Welt (Freitag) angesichts israelischer Kriegsverbrechen in Gaza überzeugt.

In Äußerungen israelischer Regierungspolitiker sieht die Juristin eine „Intention zum Völkermord“. Die Zerstörung der gesamten zivilen Infrastruktur, der kulturellen Identität und des sozialen Gefüges in Gaza ziele auf die „Zerstörung einer Volksgruppe“ ab, verweist sie auf entsprechende Bewertungskriterien des Völkerrechts für einen Genozid.

„Israel hat keine moralische oder rechtliche Befugnis, über das Leben der Palästinenser zu entscheiden. Es agiert nur als De-facto-Macht, die in Wirklichkeit eine Besatzungsmacht ist. Es muss als der Pariastaat behandelt werden, der er ist“, so Albanese, In Sanktionen wie der Aussetzung der diplomatischen und politischen sowie Reduktion der wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel sieht die Albanese ein Mittel, das „die Achtung von Recht und Ordnung, die Rechtsstaatlichkeit in den besetzten palästinensischen Gebieten, in Israel und in den Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern wieder ein wenig herzustellen kann“.

Das Völkerrecht sei „kein zahnloser Tiger, es ist ein Tiger dem das Maul gestopft wird. Entscheidungen bleiben ohne Konsequenzen, und zwar aus politischen Gründen“, beklagt die Juristin mit Blick auf die von den USA und Israel ignorierten Urteile. Die vom Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs beantragten Haftbefehle gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Anführer der Hamas seien „eine gerade revolutionär schnelle Reaktion auf die Vorgänge im Gazastreifen“, zeigt sich Albanese dennoch optimistisch.

Grundsätzlich stehe es äußer Frage, dass nicht nur Israel sondern auch die Hamas Verbrechen begangen habe. Wichtig sei aber, den Kontext zu sehen, um keine Geschichtsklittung zu betreiben, weist die Juristin auf die „Asymmetrie der Kriegführung“ hin. „Die gewalttätige Hamas ist ein Nebenprodukt der langwierigen Unterdrückung Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten. Dort herrscht eine Art von Siedlerkolonialismus, auch wenn die Menschen im Westen das häufig nicht sehen wollen. Ich nennen das koloniale Amnesie.“

Gerne schicken wir interessierten Redaktionen das Interview vorab zu.