NSU-Opferanwalt wirft Bundesanwälten »Ausblendung« von Geheimdienstverstrickungen vor
Der Nebenklagevertreter im NSU-Prozess, Rechtsanwalt Yavuz Narin, wirft der Bundesanwaltschaft »dogmatische Ausblendung offenkundiger Verstrickungen von V-Personen und Verfassungsschützern« vor. Die Anklagebehörde müsse sich nicht wundern, »dass das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden – nicht nur der Opfer, sondern der gesamten Bevölkerung – erodiert«, verdeutlicht Narin zu Beginn der Gerichtsferien im Gespräch mit junge Welt.
Die Bundesanwaltschaft hatte am Dienstag, dem letzten Verhandlungstermin vor der Sommerpause, in ihrem begonnenen Plädoyer bereits mehrfach die Anwälte der NSU-Opferangehörigen kritisiert. Hintergrund des mittlerweile vierjährigen Streits ist die Anklagethese, der »Nationalsozialistische Untergrund« (NSU) haben nur aus drei vollwertigen Mitgliedern bestanden. Narin äußert im jW-Interview den Verdacht, ein bisher nicht enttarnter »Vertrauensmann« deutscher Behörden sei – wie die Hauptangeklagte Beate Zschäpe – an der Ausspähung einer Berliner Synagoge beteiligt gewesen.
Rechtsanwalt Narin vertritt im NSU-Prozess die Angehörigen des 2005 in München ermordeten Theodoros Boulgarides. Er geht davon aus, dass der NSU nur deshalb von Angriffen auf jüdische Einrichtungen absah, weil diese besser geschützt waren als die Kleinbetriebe der späteren Mordopfer türkischer, kurdischer und griechischer Herkunft.
Das Gespräch mit Yavuz Narin erscheint am Freitag, 4. August, in der Tageszeitung junge Welt.