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05.05.2017, 17:33:29 / Zeitung für Malocher

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Wer die Lebensbedingungen vieler Menschen ­massiv ­verschlechtern will, darf dafür in der jungen Welt keine Propaganda machen
Von Dietmar Koschmieder
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Anzeigenschaltung abgelehnt: Zwei Fälle

Im Kapitalismus kann man mit allem Geld machen: Für die Nachfrage nach Gesundheit, Wohnen, Essen, Schlafen, Sex, Bildung oder Kultur lassen sich Waren herstellen, die dann zu möglichst hohen Marktpreisen und mit möglichst hohen Gewinnspannen verkauft werden. Auch Information und Analyse sind in dieser Gesellschaft Waren, mit denen Verlage über ihre Medien, die sie auf dem Markt anbieten, Profite erzielen wollen. Wobei diese nicht nur über Inhalte, sondern zum großen Teil auch aus den Anzeigenerlösen erwirtschaftet werden. Viele der angeblich seriösen Zeitungen sind daher eher Anzeigenblätter mit redaktionellem Umfeld. Als ein britischer Finanzkonzern die Berliner Zeitung aufkaufte, wollte dessen Management vom Berliner Verlag für das in Berlin eingesetzte Kapital eine zweistellige Rendite, alles andere war mehr oder weniger egal. Das hat natürlich Auswirkungen auf Personalpolitik, journalistische Qualität und Inhalte.

Da aber in den Ländern mit bürgerlicher Demokratie Meinungen und damit das Wahlverhalten sehr stark durch Veröffentlichungen in Medien geprägt werden, ist es keineswegs unwichtig, wem die großen Verlage und Medienhäuser gehören und mit welchen Absichten sie ihre Produkte auf den Markt werfen und wer die Inhalte bestimmt.

Die Tageszeitung junge Welt gehört der Genossenschaft ihrer Leserinnen und Leser. Aber auch sie ist auf die Einnahmen aus Anzeigen angewiesen, wenn auch viel weniger als so ziemlich alle anderen Tageszeitungen im Lande. Um eine Anzeige in der jungen Welt zu schalten, muss der Auftraggeber keineswegs mit den Positionen dieser Zeitung übereinstimmen. Wichtig ist aber, dass Leserinnen und Leser klar einschätzen können, wer hinter der Anzeige steht. So hat Norbert Blüms Sozialministerium in den 90er Jahren auch in der jungen Welt in einer Anzeige behaupten dürfen, dass die Renten sicher seien. Natürlich hat es sich die Redaktion trotzdem nicht nehmen lassen, in einem Artikel klarzustellen, warum die Rente schon damals keineswegs sicher war. Nicht abgedruckt haben wir hingegen eine ganzseitige Anzeige eines ominösen »Vereins Junger Wähler«, der in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in Bild und für 5.000 Euro auch in der jungen Welt (also den wichtigsten Zeitungen im Lande) kurz vor der Bundestagswahl 2005 Gregor Gysi und Oskar Lafontaine als »Deutschlands faulsten Zauber« geißeln wollte. Wäre die Anzeige mit »Junge Union Deutschland« gezeichnet worden, hätten wir sie abgedruckt. Denn dann hätten unsere Leser sie ohne weiteres einordnen können.

In diesen Tagen wollte nun der in Berlin aktive Bauinvestor CG Gruppe in der jungen Welt eine Anzeige schalten. Das Immobilienimperium, das unter anderem auch in Frankfurt, Köln, Leipzig und Dresden wirkt, will damit in ihrem Interesse meinungsbildend wirken. Während andere Zeitungen wie taz und Neues Deutschland die Anzeige abdruckten, hat die junge Welt beschlossen, dies nicht zu tun. Das hängt mit unserem Grundverständnis zusammen, nach dem wir eine Zeitung für Malocher, nicht für Milliardäre sind. Wenn Konzerne mit ihren Spekulationsprojekten massiv die Lebensbedingungen vieler Menschen negativ beeinflussen, sollen sie die dazugehörige Propaganda in ihren Zeitungen schalten, aber nicht in unserer (siehe auch Seite 8).

Daraus ergibt sich eine andere wichtige Schlussfolgerung: Auch die tägliche Erarbeitung und Verbreitung der jungen Welt führen zu hohen Kosten. Und wenn die notwendigen Erlöse nur zum kleinen Teil aus Anzeigen kommen, muss der große Teil über Aboeinnahmen erfolgen. Und damit der Preis so bleiben kann, dass möglichst viele sich den Zugriff auf ein Abo leisten können, brauchen wir viele Leserinnen und Leser, die diese Zeitung bestellen. Abonnieren wird aber nur, wer diese Zeitung kennt. Deshalb bitten wir auch um Mithilfe dabei, den Bekanntheitsgrad dieser Zeitung zu erhöhen. Ein dreiwöchiges Probeabonnement ist eine gute Möglichkeit dazu.

www.jungewelt.de/probelesen

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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