Arschbacken abgrenzen
Von Dietmar Koschmieder»Klassenkampf ist ja so was von out! Wer soll das schon sein, die Arbeiterklasse? Wo es doch den Arbeiter gar nicht mehr gibt! Und die Kapitalistenklasse? Müssen wir uns nicht schützend vor unsere rheinischen Kapitalisten stellen, die überall in der Welt nur aus Neid angefeindet werden? Marxismus und so, ist doch alles letztes Jahrhundert. Begriffe wie Rechts und Links taugen heute doch nur noch, um Arschbacken von einander abzugrenzen …« So reden sie, die rechten Handlanger des Kapitals und ihre Medien. Ziel von solchem Geschwätz ist nicht Aufklärung, sondern Verschleierung. Denn die Arbeiterklasse soll auf keinen Fall sich selbst als Klasse erkennen. Das wäre entscheidende Voraussetzung dafür, dass sie sich als solche organisiert und konsequent handelt.
Aber auch Linke tragen zur Verflachung der Diskussion bei. Der Slogan »Sozial is muss« ist einfach nur albern, weil weder der Sozialismus, nicht einmal das Soziale ein Muss ist. Sondern hart zu erkämpfen ist, wenn unsoziale Zustände nicht in die Barbarei führen sollen. Der Spruch ist ähnlich aufklärend wie »Kapital is muss«. Zwar tun die meisten Medien so, als ob ohne die Herrschaft des Kapitals nichts mehr gehen würde – seit genau 150 Jahren könnte aber auch aufgeklärten Journalisten in bürgerlichen Medien dank der Arbeiten von Karl Marx bekannt sein, dass die kapitalistische Produktionsweise, die die Herrschaft des Kapitals voraussetzt, mittlerweile nicht Lösung, sondern Ursache der wesentlichen Menschheitsprobleme darstellt. Was übrigens schon dazu geführt hat, dass in hellen Momenten selbst die FAZ genau diese These diskutiert – und zwar in ihrem Wirtschaftsteil, nicht nur im Feuilleton, wo sich immer wieder einmal linke Hofnarren austoben dürfen.
Egal, ob sie nun Malocher (Deutschland), Chrampfer (Schweiz) oder Hackler (Österreich) genannt werden: Die junge Welt macht eine Zeitung für all jene, die im wesentlichen nur vom Verkauf ihrer Arbeitskraft leben. Egal ob sie als Industriearbeiter zum Kernproletariat gehören oder als Lehrer oder Lehrerin für die Reproduktion der Ware Arbeitskraft zuständig sind. Bei der Auswahl der Nachrichten, der Beschreibung und Analyse von Vorgängen gehen wir von ihren Interessen aus und nicht von denen der Kapitalvertreter. Es geht also beispielsweise nicht darum, soziale Grausamkeiten in Griechenland für die Schaffung optimaler Kapitalverwertungsbedingungen zu legitimieren – sondern die damit verbundene verschärfte Ausbeutung aufzuzeigen und sie auch genau so zu benennen.
Über jeden, der das ebenfalls so sieht und die junge Welt abonniert, freuen wir uns. Denn das hilft uns nicht nur ökonomisch, sondern trägt auch dazu bei, Klassenbewusstsein zu verankern.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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