Leserbrief zum Artikel Jubelfeier zum Anschluss der DDR
vom 02.10.2015:
Lehre ziehen
25 Jahre Deutsche Einheit. Mit jedem Jahr wächst der historische Abstand. Mit jedem Jahr werden Details unwichtiger. Schon meine Generation ist mit komprimiertem Geschichtsbuchwissen aufgewachsen und erfährt von Hubertus Knabe, dass der 8. Mai (wenn überhaupt) nur in der BRD ein Tag der Befreiung war.
Ich - 19 Jahre alt, Student in Frankreich – stieß für meine skeptische Haltung gegenüber den europaweiten Feierlichkeiten zu "25 Jahre Deutsche Einheit" bei meinen Kommilitonen auf scharfe Kritik. Eine Generation, die ganz selbstverständlich mit Europa aufgewachsen ist, nimmt scheinbar genauso selbstverständlich hin, dass der Tag der Deutschen Einheit mehr und mehr zum Tag der Europäischen Einheit umgedeutet wird.
Die neuesten Vergleiche zwischen der „Integrationsleistung“ der Westdeutschen und den Herausforderungen durch die aktuelle Flüchtlingskrise beflügeln ein solches Geschichtsbild. Ein Geschichtsbild, in dem der Tag der Deutschen Einheit zum scheinbar logischen Erfüllungsmoment eines vereinten und friedlichen Europas geworden ist. Ein lineares Geschichtsbild, in dem einst archaische Gegensatzpaare wie „Gut“ und „Böse“, „Schlecht“ und „Besser“ wieder eine einigende Kraft bekommen. Ein Geschichtsbild, das zum Ausruhen einlädt.
In Deutschland lassen sich bestimmte Schwarz-Weiß-Denkmuster bestimmt kaum mehr korrigieren. Aber wir, Europas junge Generation, tun gut daran, uns nicht von solchen Geschichtskonstrukten beeindrucken zu lassen. Wir leisten Europa einen größeren Dienst, wenn wir versuchen, die richtigen Lehren aus den Versäumnissen der Wiedervereinigung ziehen: Offen aufeinander zugehen! Respekt vor individuellen Lebensbiographien! Voneinander lernen! Gleiche Anerkennung für gleiche Lebensleistung! Und vor allem: ständige und kompromisslose Selbstkritik.
In einem Europa, das NATO-Militärmanöver wieder als probate Mittel der Realpolitik akzeptiert, sind diese Lehren wichtiger denn je.
Ich - 19 Jahre alt, Student in Frankreich – stieß für meine skeptische Haltung gegenüber den europaweiten Feierlichkeiten zu "25 Jahre Deutsche Einheit" bei meinen Kommilitonen auf scharfe Kritik. Eine Generation, die ganz selbstverständlich mit Europa aufgewachsen ist, nimmt scheinbar genauso selbstverständlich hin, dass der Tag der Deutschen Einheit mehr und mehr zum Tag der Europäischen Einheit umgedeutet wird.
Die neuesten Vergleiche zwischen der „Integrationsleistung“ der Westdeutschen und den Herausforderungen durch die aktuelle Flüchtlingskrise beflügeln ein solches Geschichtsbild. Ein Geschichtsbild, in dem der Tag der Deutschen Einheit zum scheinbar logischen Erfüllungsmoment eines vereinten und friedlichen Europas geworden ist. Ein lineares Geschichtsbild, in dem einst archaische Gegensatzpaare wie „Gut“ und „Böse“, „Schlecht“ und „Besser“ wieder eine einigende Kraft bekommen. Ein Geschichtsbild, das zum Ausruhen einlädt.
In Deutschland lassen sich bestimmte Schwarz-Weiß-Denkmuster bestimmt kaum mehr korrigieren. Aber wir, Europas junge Generation, tun gut daran, uns nicht von solchen Geschichtskonstrukten beeindrucken zu lassen. Wir leisten Europa einen größeren Dienst, wenn wir versuchen, die richtigen Lehren aus den Versäumnissen der Wiedervereinigung ziehen: Offen aufeinander zugehen! Respekt vor individuellen Lebensbiographien! Voneinander lernen! Gleiche Anerkennung für gleiche Lebensleistung! Und vor allem: ständige und kompromisslose Selbstkritik.
In einem Europa, das NATO-Militärmanöver wieder als probate Mittel der Realpolitik akzeptiert, sind diese Lehren wichtiger denn je.