Leserbrief zum Artikel Verschwundener Journalist: Krisendiplomatie in Saudi-Arabien
vom 17.10.2018:
Zweierlei Maß
»Wir können den Ermittlungsergebnissen nicht vorgreifen«, sagte der Sprecher der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem vermutlich im saudischen Konsulat von Istanbul ermordeten Exiljournalisten Dschamal Chaschukdschi. Dieser wollte sich am 2. Oktober Papiere für die Hochzeit mit einer Türkin aus dem Konsulat holen. Ganz anders die Reaktion der Bundesregierung beim mutmaßlichen Giftanschlag auf den Exagenten Skripal und dessen Tochter im englischen Salisbury. Obwohl die Ermittlungen noch nicht begonnen hatten, wiesen die USA (…) sowie 15 EU-Staaten einschließlich der BRD russische Diplomaten aus. Damals erklärte die Bundesregierung: »Die Ausweisung der vier Diplomaten ist ein starkes Signal der Solidarität mit Großbritannien und signalisiert unsere Entschlossenheit, (…) Angriffe (…) nicht unbeantwortet zu lassen.« Ganz anders die Reaktion auf die mutmaßliche Ermordung des saudischen Journalisten: Keine Ausweisung saudischer Diplomaten, keinerlei Verurteilung, es könnte ja deutsche Waffenexporte in das Land, das Krieg führt und Menschenrechte mit Füßen tritt, in Frage stellen. Alleine aus Mecklenburg-Vorpommern haben sie einen Umfang von 1,5 Milliarden Euro. US-Präsident Donald Trump betonte: »Auch für Saudi-Arabien muss die Unschuldsvermutung gelten.« Für Russland nicht.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 18.10.2018.