Leserbrief zum Artikel Der deutsche Zustand
vom 17.11.2018:
Blöde Zuschauer
Das Aus der Serie »Lindenstraße« provoziert grundsätzliche Fragen über die Besetzung der Entscheidungsgremien im öffentlichen-rechtlichen Fernsehen. Denn neben dem Aus für diese Serie lassen sich Programmtrends beobachten, die nahelegen, dass die Verantwortlichen den Programmauftrag ihrer Sender nicht als Informations- und Bildungsauftrag auf der Grundlage Rundfunkstaatsvertrages und des Grundgesetzes verstehen, sondern zunehmend als Verblödungs- und Gewaltverherrlichungsauftrag. Der Vorwurf richtet sich sowohl an die ARD wie an das ZDF für ihre Hauptprogramme zur besten Sendezeit. Durchschnittlich dreimal in der Woche Fußball zur besten Sendezeit dient vor allem dem internationalen mafiösen Fußballgeschäft. Auch die tägliche Krimiflut auf beiden öffentlich-rechtlichen Sendern erfüllt weder den Informations- noch den Bildungsauftrag, den der Rundfunkstaatsvertrag verlangt. Dass man sich hier zunehmend auf Abwegen befindet, beweisen u. a. zwei Sachverhalte: Die Sendeplätze für Dokumentationen, von denen es ein vielfältiges und hochwertiges Angebot gibt, wurden fast auf Null reduziert, wie Werner Ruzicka, langjähriger Chef des Duisburger Dokumentarfilmfestivals, gerade in der »Kulturzeit« vom 19. November beklagte.
Besonders alarmierend finde ich dies, weil gleichzeitig in Krimis, die in beiden Programmen täglich sechs bis zehn Sendeplätze okkupieren, in den letzten Wochen, zumindest in dreien, die ich gesehen habe, Selbstjustiz propagiert wird: »Die Protokollantin«, »Schwartz und Schwartz« und im »Tatort« vom Sonntag, »Treibjagd«. Iris Berben darf als Wiedergängerin von Marianne Bachmann und Charles Bronson in »Die Protokollantin« nicht nur den Mörder ihrer Tochter zu Strecke bringen, sondern als gramgebeugte Mutter sogar noch Auftragsmorde für Männer erteilen, die ihrer Meinung nach von unserer Justiz nicht »richtig« bestraft wurden. Ich konnte kaum glauben, was mir in dieser ausführlich beworbenen »Miniserie« für meine Gebühren angeboten wurde! Besonders erschreckt hat mich, dass selbst jemand wie Frau Berben hilft, solche Inhalte zu verbreiten, und das Drehbuch von einem Juristen und Grimme-Preisträger stammt. Beim »Treibjagd-Tatort« vom letzten Sonntag schafft es die Dramaturgie (…), am Ende doch noch den Zuschauern die Schlussfolgerung nahezulegen: Hätte der »besorgte Bürger« die kleine »Einbrecherschlampe« doch umgebracht, dann wäre er noch am Leben, und seine Witwe müsste im Abschlussbild nicht weinend am Fenster stehen, während mitfühlende Nachbarn Blumen vor seinem Haus ablegen. Die Vermittlung von Botschaften muss nicht immer mit dem Holzhammer passieren, sie werden von einem Unbewussten auf gleicher Frequenz auch anders aufgesogen. Freuen können sich über diese Programmtendenzen in unseren öffentlich-rechtlichen Programmen nur bestimmte Leute – und die erheben als AfD seit einigen Jahren ihre Stimme schon sehr laut in diese Richtung.
Ach ja, die »Lindenstraße« muss eingestellt werden, weil sie »zu teuer« ist! Für wie blöde hält man uns eigentlich, die GebührenzahlerInnen?
Besonders alarmierend finde ich dies, weil gleichzeitig in Krimis, die in beiden Programmen täglich sechs bis zehn Sendeplätze okkupieren, in den letzten Wochen, zumindest in dreien, die ich gesehen habe, Selbstjustiz propagiert wird: »Die Protokollantin«, »Schwartz und Schwartz« und im »Tatort« vom Sonntag, »Treibjagd«. Iris Berben darf als Wiedergängerin von Marianne Bachmann und Charles Bronson in »Die Protokollantin« nicht nur den Mörder ihrer Tochter zu Strecke bringen, sondern als gramgebeugte Mutter sogar noch Auftragsmorde für Männer erteilen, die ihrer Meinung nach von unserer Justiz nicht »richtig« bestraft wurden. Ich konnte kaum glauben, was mir in dieser ausführlich beworbenen »Miniserie« für meine Gebühren angeboten wurde! Besonders erschreckt hat mich, dass selbst jemand wie Frau Berben hilft, solche Inhalte zu verbreiten, und das Drehbuch von einem Juristen und Grimme-Preisträger stammt. Beim »Treibjagd-Tatort« vom letzten Sonntag schafft es die Dramaturgie (…), am Ende doch noch den Zuschauern die Schlussfolgerung nahezulegen: Hätte der »besorgte Bürger« die kleine »Einbrecherschlampe« doch umgebracht, dann wäre er noch am Leben, und seine Witwe müsste im Abschlussbild nicht weinend am Fenster stehen, während mitfühlende Nachbarn Blumen vor seinem Haus ablegen. Die Vermittlung von Botschaften muss nicht immer mit dem Holzhammer passieren, sie werden von einem Unbewussten auf gleicher Frequenz auch anders aufgesogen. Freuen können sich über diese Programmtendenzen in unseren öffentlich-rechtlichen Programmen nur bestimmte Leute – und die erheben als AfD seit einigen Jahren ihre Stimme schon sehr laut in diese Richtung.
Ach ja, die »Lindenstraße« muss eingestellt werden, weil sie »zu teuer« ist! Für wie blöde hält man uns eigentlich, die GebührenzahlerInnen?
Veröffentlicht in der jungen Welt am 22.11.2018.