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Leserbrief zum Artikel Mahnmal für »Opfer des Kommunismus« kommt vom 14.12.2019:

Opfer des Kapitalismus

Dieses Mahnmal soll offensichtlich einen weiteren Höhepunkt in der Schlacht des Kapitals gegen den Sozialismus in Gestalt der DDR darstellen, der seit 30 Jahren mit ungeheurem Kraftaufwand wie Tausenden TV-Sendungen, Schriften und Reden gegen die DDR unter Einsatz einer unüberschaubaren Zahl von Politikern, Wissenschaftlern, Juristen, Journalisten und anderen Kräften geführt wird. Man könnte es auch als Volksverhetzung betrachten. Dazu werden parallel ebenfalls fast täglich – also insgesamt viele Tausende – TV-Sendungen zum Kapital und seinem faschistischen Arm unter Hitler – es sollen beliebte Sendungen sein – gebracht, welche die hervorragenden Leistungen der Kriegsindustrie, der Wehrmacht, die riesigen Bauten, die Eroberung fast ganz Europas und vieler Weltmeere usw. bis ins Detail zeigen, natürlich mit vielen »Fehlern« und Opfern. Es war, sagen Historiker, eben eine »dunkle Periode«. Den Faschisten weltweit wird dieses Mahnmal mit seiner hundertjährigen Koninuität sehr gefallen.
Nun dürfte es der Linksfraktion im Bundestag nicht schwerfallen, dieses Vorhaben durch eine Würdigung der Opfer des deutschen Kapitalismus mit einem allerdings viel größeren Mahnmal zu ergänzen. Vielleicht angefangen mit dem Völkermord in Afrika, der Entfachung des Ersten Weltkriegs mit rund 20 Millionen Opfern – darunter Tausende verhungerte Frauen und Kinder allein in Deutschland. Mit den Mordaktionen in der Weimarer Republik. Mit den 60 Millionen Toten im vom deutschen Kapital geführten Zweiten Weltkrieg und in den Konzentrationslagern, in denen etwa elf Millionen Menschen – besonders Bürger jüdischen Glaubens und sowjetische Kriegsgefangene sowie Kommunisten – viehisch umgebracht wurden. Das geplante Verhungern von 30 Millionen Slawen und die Deportation von 80.000 Lausitzer Sorben in das Gebiet von Auschwitz gehören hier dazu, weil es nur durch die sowjetischen Kommunisten unter Einsatz ihres Lebens in der Sowjetarmee verhindert wurde.
Opfer sind auch die bis zu 20 Millionen Vertriebenen im Ergebnis des verlorenen Zweiten Weltkrieges, weil das deutsche Kapital damit mehr als 25 Prozent des deutschen Territoriums verlor, darunter Gebiete, die Friedrich der Große in langjährigen Kriegen erobert hatte. Hinzu kommen die Verhungerten nach 1945. Die Unterstützung der Kriege der USA und europäischer Staaten nach 1945, wobei das deutsche Kapital besonders die Vietnam-Agression förderte und praktisch an zwei Millionen Toten, darunter 400.000 infolge von Gift, indirekt beteiligt war. Berechnungen der Opferzahlen stehen noch aus für die hundertjährige Ausbeutung der Kolonien und Staaten der »dritten Welt«. Im Grunde ist auch die Ausbeutung der DDR und der osteuropäischen Staaten nach 1990 anzuführen. Gezählt werden müssen auch die Opfer, die das deutsche Kapital in Kriegen in Afghanistan, Irak, Syrien und Libyen zu verantworten hat.
Gerhard Ulbrich
Veröffentlicht in der jungen Welt am 17.12.2019.
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