Leserbrief zum Artikel Pflichtlektüre: Remo H. Largo ist tot
vom 14.11.2020:
Menschlich gestalten
Ergänzend zu der kurzen Notiz zum Ableben von Remo Largo verweise ich auf einen Gastkommentar, den dieser vor einiger Zeit in der GEW-Zeitschrift unter dem Titel »Das Kind als Erfolgsprojekt« veröffentlicht hat. Darin schildert er, wie immer mehr Eltern unter dem Druck der durch globalisierte Dienstleistungsgesellschaften geschaffenen Verhältnisse ihre Kinder zu dem machen, was der Frankfurter Erziehungswissenschaftler Frank-Olaf Radke sinngemäß so formuliert hat: »Wir haben es zunehmend mit einer Erziehung zu tun, die die Menschen zu nutzenmaximierenden Marktsubjekten machen will, als die sie von der Humankapitaltheorie gedacht werden.« Wäre es nicht an der Zeit, sich in Sachen »Bildung« intensiver um Inhalte zu bemühen, darüber den Diskurs zu führen, statt sich überwiegend mit der sozialen und finanziellen Seite des Problems, die ich in ihrer Bedeutung nicht unterschätzen möchte, zu beschäftigen? Dies gilt sowohl für eine sich so titulierende »Bildungsgewerkschaft« als auch für die junge Welt. All dieses geschähe durchaus im Einklang mit und ganz im Sinne von Karl Marx: »Wenn der Mensch von den Umständen gebildet wird, so muss man die Umstände menschlich bilden.«
Veröffentlicht in der jungen Welt am 17.11.2020.