Schwere Vorwürfe gegen Vatikan in Nazigold-Affäre
Von AP/jWDer Vatikan soll einem Dokument aus dem Nationalarchiv der USA zufolge in die sogenannte Nazigold-Affäre nach dem Zweiten Weltkrieg verstrickt sein. Nach der vertraulichen Notiz des US- Finanzministeriums vom Oktober 1946 übernahm der Kirchenstaat 200 Millionen Schweizer Franken vom Ustascha-Regime in Kroatien in Sicherheitsverwahrung. In einer am Dienstag in Rom veröffentlichten Erklärung wies der Vatikan die Vorwürfe zurück.
Das Memorandum war bis Ende vergangenen Jahres Teil von Geheimakten der US-Regierung, wurde nun aber freigegeben. Es beruft sich auf »eine verläßliche Quelle in Italien«, vermutlich Informationen des US- amerikanischen Geheimdienstes. Demnach beschlagnahmte das von den Nazis eingesetzte Regime in Kroatien 350 Millionen Schweizer Franken aus Vermögenswerten in Jugoslawien. Während der Ustascha-Herrschaft wurden von 1941 bis 1945 mehrere hunderttausend Serben, Juden, Sinti und Roma sowie oppositionelle Kroaten umgebracht.
Nach dem Krieg stellten britische Behörden an der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz 150 Millionen Franken aus diesen Vermögensbeständen sicher. Der Restbetrag gelangte dem Dokument zufolge in den Vatikan. Entdeckt wurde das Memorandum bei Recherchen für einen amerikanischen Dokumentarfilm. Der zweistündige Film soll am kommenden Samstag im Kabelfernsehsender A-and-E gesendet werden.
Der Sprecher des Vatikans, Joaquin Navarro-Valls, erklärte, es gebe keinen Beweis dafür, daß das Dokument der Realität entspreche. Es basiere auf einer anonymen Quelle, deren Verläßlichkeit »mehr als zweifelhaft« sei.
Unterdessen berichtete die Londoner Zeitung The Times am Dienstag, daß die Schweizer Bankiervereinigung heute in mehreren internationalen Tageszeitungen eine dreiseitige Liste von ruhenden Konten mit Vermögenswerten aus dem Zweiten Weltkrieg als Anzeige veröffentlichen werde. »Wir hoffen, daß dies ein weiteres Kapitel darstellen wird, um die Angelegenheit in Würde und Anstand zu einem Abschluß zu bringen«, sagte ein Sprecher der Bankiervereinigung der Times. Nicht beanspruchte Vermögenswerte sollen ein Jahr nach Veröffentlichung der Liste in Absprache mit jüdischen Organisationen für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.
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