Aus: Ausgabe vom 04.03.2008, Seite 13 / Feuilleton
Was geht
Beinahe täglich kündigen seit einigen Wochen Redakteure der Berliner Zeitung. Jens Weinreich z.B. wurde in der jW vom 21. Februar noch korrekt als »Ressortleiter Sport« interviewt. »Ab 1. März bin ich freier Journalist«, stellte er Ende vergangener Woche klar. »Mal sehen, was geht.« Die Leute verlassen das Blatt, weil sein Eigentümer, der britische Finanzinvestor David Montgomery, es auspreßt wie eine Zitrone. Das war nach der Übernahme vor zwei Jahren genau so zu erwarten gewesen. Ob Montgomerys Chefredakteur Josef Depenbrock demnächst von einem Arbeitsgericht aus dem Amt des Geschäftsführers gejagt wird, das er gleichzeitig bekleidet, was dem Redaktionsstatut widerspricht, spielt für die Orientierung auf kurzfristige Profite kaum eine Bohne. Obwohl die Zeitung Gewinn macht, steigen ihre Schulden. Ihre Eigenkapitalquote ist 2007 von 16 auf 1,5 Prozent gepurzelt. Die Personaldecke wird wie gesagt täglich dünner. Das wird so weitergehen und bleibt nicht folgenlos. Der Aufmacher im Feuilleton vom Montag zum neuen Buch von Martin Walser war keineswegs originell überschrieben: »Die Leiden des alten Werthers«. Ein s zu viel. Aber wen kümmert das unter diesen Arbeitsbedingungen? Oder: Ist diese Art Überschrift nicht ein Kündigungsgrund? (jW)
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