Weichen für Klima-Gipfel
Von Phil HillNach der Niederlage auf der New Yorker Klimakonferenz im Juni versuchen Umweltschützer in staatlichen Delegationen und Nichtregierungsorganisationen (NRO) seit Donnerstag in Bonn zu retten, was noch zu retten ist: Auf der einwöchigen »Gesprächsrunde« sollen die letzten Weichen für den Klima-Gipfel im Dezember in Kyoto gestellt werden. Dort geht es dann, wie auf dem Gipfel in Berlin 1995 beschlossen, um verbindliche Ausstoßreduzierungswerte von Treibhausgasen für die einzelnen Staaten.
In der in Bonn zu erarbeitenden Vorlage für Kyoto muß, wie die UNO festlegt, »das Ergebnis von Kyoto ... bereits erkennbar umrissen sein«, auch wenn die genauen Ziele noch präzisiert werden müssen. Die NRO wollen vor allem verbindliche Reduktionsziele durchsetzen, die von den Industriestaaten ein Einlenken in den ausstoßrelevanten Politikfeldern - Energie, Verkehr, Industriesubvention - erfordern. Die EU unterstützt dieses Ziel, auch die meisten Dritte-Welt-Staaten sind dafür, zumal sie zunächst nicht davon betroffen sind, denn die Industriestaaten sollen, so will es das »Berliner Mandat«, mit gutem Beispiel vorangehen.
Auf der anderen Seite stehen vor allem die außereuropäischen Industriestaaten, die zwar das Prinzip der konkreten Ausstoßziele akzeptieren, es durch verschiedene Tricks aber zu verwässern versuchen. So fordern die USA ein Ausstoßkontosystem, wonach Industriestaaten durch Finanzierung von umweltfreundlicher Entwicklung in der Dritten Welt inländische Reduktionen »gutgeschrieben« bekämen, die gar nicht erfolgt wären. Manche Modelle differenzieren nicht zwischen den Haupttreibhausgasen Kohlendioxid, Methan und Lachgas, die NRO aber fordern genaue Ziele für jeden der drei Schadstoffe, was die Kontrolle erschweren würde.
Letztlich hat sich Australien mit seinem Vorstoß, die Industrieländer differenziert zu behandeln, selbst von gleichgesinnten Staaten wie Japan und den USA isoliert: Für sich verlangt die neugewählte konservative Regierung im Kontinentalstaat nämlich eine Erhöhung der CO-2- Ausstöße bis 2030. Diese »unverantwortliche Position« war für Vertreter der australischen Umweltgruppen Anlaß, sich vor der Konferenz aus der Delegation zurückzuziehen.
Die schmale noch vorhandene Verhandlungsbasis liefert das Thema »Emissionshandel«. So gäbe es Belastungszertifikate, die Staaten zu gewissen Ausstoßmengen berechtigten, diese wären wie Börsenpapiere handelbar. Da würden die NRO unter Umständen mitgehen.
Nach welchem Maßstab aber sollten die Zertifikate erteilt werden? Die Dritte-Welt-Staaten verlangen eine Pro- Kopf-Verteilung, was die Industriestaaten im wesentlichen dazu zwingen würde, ihren jährlichen Ausstoß auf dem offenen Markt zusammenzukaufen - quasi ein Mechanismus für automatische Entwicklungshilfe. Daher werden sie sich kaum auf ein solches Modell einlassen, sie fordern Erteilung nach Maßgabe der jetzt emittierten Mengen.
Das alles sollte man aber jetzt gar nicht diskutieren, meint Delia Villagrassa vom Europäischen Klimanetzwerk in Brüssel. »Wir haben nur noch sehr wenig Zeit bis Kyoto, bis dahin müssen wir uns auf zwei Ziele konzentrieren, nämlich wieviel reduziert werden soll und zweitens bis wann.« Das 20 Prozent-Ziel der EU bis 2010, das Traumziel, ist von den EU-Staaten selbst, die kaum etwas unternommen haben, um ihn zu erreichen, schon auf 15 Prozent abgebaut worden. Die NRO-Vertreter riefen gestern die EU dazu auf, hart zu bleiben. Am 7. August wird das Ergebnis vorliegen.
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